7.4. unerreichbares Ziel

Das Ziel, Sardinien direkt anzufahren, geben wir bald auf. Die Wettervorhersage über mehr als 2 Tage ist völlig unzuverlässig, und der Motor erst recht. Wir beschließen, vorerst nach Norden um Cabo Palos herumzufahren, und dann auf kürzerer Strecke die Balearen anzusteueren. Nach einer unruhigen Nacht am Anker in Cabo Roig starten wir den Versuch Richtung Ibiza. Wir kreuzen gegen den Nordostwind, der hier offensichtlich nie aufhört. Nach 2 Stunden werden wir ziemlich plötzlich von 3 Gewitterzellen eingeschlossen. Etwas überraschend, weil Gewitter sind für diesen Tag in keinem Wetterdienst auch nur möglicherweise vorgesehen.Es sind 30 Knoten Nordostwind. Es blitzt und kracht rundherum, wir kreuzen mittendrin hin und her und können so dem Gröbsten ausweichen. 3 Stunden irren wir dort herum, bis die Gewitter nachlassen. Inzwischen hat auch der Motor wieder aufghört zu arbeiten, was nicht unbedingt zu meiner Entspanntheit beiträgt. Unter Segel können wir uns ins große Hafenbecken von Torrevieja retten, dort kann man auch geschützt Ankern. Im Dieseltank haben die Bakterien einige Gallertpatzen wuchern lassen, die die Dieselleitungen sofort verstopfen. Die VolvoPenta Werkstätte im Ort ist leider nicht daran interressiert uns den Diesel abzupumpen und zu filtern, weil sie ohnehin genug Aufträge hätten, sagen sie. So saugen wir mit einem Handpumperl mühsam die Bakterienpatzen durch eine 5 cm große Öffnung aus dem halbvollen Tank. Wir kriegen den Großteil der Pampe heraus und hoffen, sodass die Maschine jetzt länger am Stück läuft. Am nächsten Tag fahren wir noch ein Stück nach Norden, von wo aus die Überfahrt nach Ibiza am kürzesten ist. Es sind nach wie vor keine Gewitter angekündigt, aber wir sind sehr mißtrauisch und angespannt, weil wir jetzt schon zwei Mal böse überrascht worden sind.
Die Fahrt nach Ibiza in der Nacht beginnt mit leichtem Rückenwind, der gerade zum Segeln reicht. Morgens hört der Wind völlig auf und wir motoren 7 Stunden lang. Unmittelbar vor der Einfahrt nach Ibiza bläst es dann plötzlich wieder mit 20 Knoten beim Ankern. In Ibiza ist wie immer die Hölle los. Weil das Wetter paßt wollen wir gleich weiter nach Mallorca. Kurze Rast von ein paar Stunden, dann geht es weiter. Die Nachtfahrt erfolgt unter Maschine bei kaum Wind und ist ruhig. Es ist eine reine Motorfahrt gegen leichten Ostwind, aber problemlos. Die Maschine funktioniert momentan wieder ohne Zicken. In Mallorca rufen wir neue Wetterdaten ab, und beschließen daraufhin gleich nach Sardinien weiter zu fahren. Kurz nach Palma kollidieren wir mit einem treibenden Holzpfosten, dabei wird das Loggegeberrad beschädigt. Ein Tauchgang zeigt glücklicherweise keine weiteren erkennbaren Schäden. Der Loggegeber ist schnell repariert, es war nur die Achse durch den Schlag leicht verbogen.
Etwa 60 Meilen östlich von Mallorca bleibt der Motor wieder einmal stehen, kein großes Problem, wir wissen schon, wie man den Fehler schnell zumindest eine Zeit lang beseitigt. Allerdings zeigt sich beim Öffnen des Motorraums, dass die Seewasserkühlpumpe stark leckt. Wir drehen nach Norden ab, und segeln 30 Meilen nach Menorca. In Mahon waren wir ja schon, und es hat uns gut gefallen. Allerdings in der Vorsaison. Jetzt sind alle Marinas voll, die ganz wenigen Plätze kosten 120 Euro pro Nacht, am einzigen kleinen Ankerplatz ist neuerdings nur 3 Tage ankern frei. Aber wir müssen sowieso in die Marina um die Kühlwasserpumpe zu reparieren. Keiner der 4 Mechaniker, die wir kontaktieren hat in den nächsten Tagen Zeit, sich das Problem auch nur anzusehen, und wegfahren aus der sauteuren Marina ohne Maschine können wir auch nicht. Nach viel Herumtelefonieren finden wir ein Geschäft für VolvoPenta Ersatzeile, 5 km vom Hafen weg, ein gutes Stück am Berg droben! Aber egal, wir können dort neue Dichtungsringe für die Pumpe kaufen und selbst montieren, mit Hilfe eines Mechanikers, der dann doch kurz Zeit für uns hat. Am nächsten Tag können wir aus der teuren Marina weg auf den Ankerplatz, wo wir eben erfahren, dass wir da nur 3 Tage bleiben dürften. Der Wetterdienst verspricht ein Fenster von 3-4 Tagen mit günstigem nördlichen Wind, daher starten wir nach einem Ankertag den 4. Versuch, von Spanien weg nach Sardinien zu kommen.
Die zweitägige Überfahrt geht recht gut, westlich von Sardinien beginnt dann heftiger Nordwind mit bis zu 30 Knoten und 5m hohen Wellen. Ärger als im Atlantik! Im Funk gibt es Sturmwarnung. Wir schaffen es, vor Beginn des Sturms in einer südlichen Bucht Sardiniens unterzuschlüpfen. Einfahrt in die Bucht bei Nacht, ein toller Megascheinwerfer von der Strandbar macht mich völlig blind, Starkwind, und Ankern unter Segel, weil die Kühlpumpe wieder ausfällt. Spannend, aber gut gegangen. Das Pumpenproblem kann am nächsten Morgen rasch beseitigt werden.
Nach einem Ankertag können wir problemlos die letzten 30 Meilen bis nach Cagliari in die Marina fahren. Endlich!
Nächstes Problem: die Wettervorhersage sieht ganz so aus als kämen wir hier die nächsten 10 Tage nicht weg. Südwind bis Ostwind. Kurs Südost. Also auf jeden Fall wieder voll dagegen.
Weil Fotos von Gegenwind oder einem nicht laufenden Motor oder ausgebauten Kühlwasserpumpen nur wenig ergiebig sind, und die Orte an denen wir waren schon bei der Hinfahrt dokumentiert wurden, gibt es an dieser Stelle keine Bilder.

 

 

 

7.3. Cartagena

In Gibraltar bleiben wir nur eine Nacht am Anker, die Stadt kennen wir ja schon. Am nächsten Tag geht es 130 Meilen weiter in eine günstige Marina in Almerimar. Wir bleiben wir ein paar Tage zum Einkauf und wollen dann direkt mit dem Westwind  auf die Balearen weiterfahren.  Unterwegs reisst uns das Vorsegel ein und wir müssen in Cartagena einen Zwischenstopp einlegen. Die Segelreparatur dauert 4 Tage. So lang können wir uns Cartagena anschauen. Cartagena ist eine ganz nette Stadt, mit schönem Altstadtkern, Fußgängerzonen mit Marmorpflasterung, es gibt mehrere technische Universitäten, entsprechend viele junge Leute wuseln abends durch die ungezählten Lokale der Stadt. Der Altersschnitt erhöht sich kurzfristig dramatisch, wenn wieder ein Monster-Kreuzfahrtschiff anlegt. Rund um die Altstadt gibt es noch eine Menge Ausgrabungsstätten aus Karthagischer und Römischer Zeit zu besichtigen. Sehenswert ist auch das Museo Naval mit jeder Menge nautischen Objekten.
Nach 4 Tagen ist das Segel fertig, der für uns günstige Westwind hat natürlich aufgehört, Ostwind gegenan hat angefangen. Als wir losfahren ist der Gegenwind statt 15 Knoten bis zu 28 Knoten stark, ein Mordsgewitter mit Regenfronten überholt uns. Dann setzt auch noch der Motor aus, weil wieder irgend ein Dreckwuzel im Diesel die Zufuhr stoppt. Wir segeln 15 Meilen nach Cartagena zurück, bis direkt in den Hafen, weil der Motor nicht verläßlich arbeitet. Zum Anlegen reicht es gerade, und wir reinigen wieder einmal alle Dieselleitungen durch. Der Wind bleibt auf Ost und wird immer stärker. Die nächsten 5 Tage besteht keine Chance, von hier weg zu kommen. Die Wettervorhersage schaut jeden Tag völlig anders aus. Im Moment läßt sich gar nichts länger als einen Tag vorausplanen. Bis zum Ziel Sardinien sind es aber 4-5 Tage Fahrzeit.

7.2. Portugal Algarve, und Cadiz bis Gibraltar

Die Fahrt von Lissabon nach Süden zur Algarveküste erweist sich als komplizierter als gedacht. Wir hatten mit angesagtem Nordwind von 15 bis 25 Knoten gerechnet, mit dem wir die 100 Meilen rasch mit Vorwindkurs abgefahren wären. Stattdessen beginnt der Tag mit Null Wind und Motor. Etwas später durchqueren wir zwei Stunden lang eine dichte Nebelbank mit kaum 100m Sicht. Es ist kalt und überall bilden sich Wassertröpfchen. Nach der Ausfahrt aus der Bank ist es wieder wolkenlos und warm. Der „Nordwind“ beginnt dann als Südwind mit 10Knoten, wir kreuzen eine Zeit lang dagegen. Dann dreht er nach West, bleibt aber zu schwach zum Segeln. Erst am späten Nachmittag wird dann endlich ein Nordwind daraus, aber viel zu schwach. Bei maximal 12 Knoten platt vor dem Wind und dazu 1,5m Wellen, wie halt am Atlantik üblich, bleibt kein Segel stehen. Nach ein paar Stunden wird es uns zu blöd und wir motoren die Nacht durch. Recht viel Schiffsverkehr ist hier entlang von Portugal, da gibt es kein Schlafen.
Der Morgen empfängt uns statt mit einem Sonnenaufgang wieder mit dichtem Nebel, aus dem es herausregnet. Wir sind ganz nah am Cabo Vicente ohne es im Nebel zu sehen, hören bloß die Brandung. Erst als wir vorbei sind reißt es auf und es wird langsam sonnig. Der Wind legt, wie bei jedem Kap, deutlich zu, die Welle auch, dann sind wir ums Eck, die Wellen verschwinden fast augenblicklich, und wir können 2 Stunden gemütlich bei Leichtwind segeln, bis der Wind ganz aufhört. Die Algarveküste ist landschaftlich schön, mit Steilküsten und Strandabschnitten, die Orte sind wenig beeindruckend, viele Hotels halt für den Massentourismus. Manche sind ganz nett in die Landschaft eingefügt, andere wiederum sind nur hässliche Glas-Betonklötze. Wir steuern Albufeira an um dort am Anker zu übernachten und wollen am nächsten Tag in die Lagune von Faro weiterfahren.
Die Fahrt dorthin, teils mit Motor, teils am Wind segelnd (ohne Welle! Segeln beginnt langsam wieder Spaß zu machen) dauert bloß 4 Stunden, dann ankern wir in der Lagune, ruhiges Wasser, fast Windstille und heiß. Auch Baden macht wieder Spaß im ruhigen Wasser. Der Ort auf der Sandinsel Culatra ist sehr seltsam. Ein Fischerdorf mit kleinen, aber gepflegten Häuschen, saubere Gässchen mit Straßenlaternen, Mülltonnen, Straßenschildern, Hundegackerlsackerlständern und allem was zu einem Ort halt so gehört – aber keine Straße. Es gibt nur Sandbahnen mit den Spuren von den 3 oder 4 Gemeindetraktoren, die dort den Müll entsorgen. Es gibt dort kein Auto, kein Moped und auch sonst nichts Motorisiertes, außer den paar Traktoren eben, und natürlich die Fischerboote draußen. Im Ort bieten zahlreiche Fischlokale und kleine Beisln Speis und Trank zu halbwegs günstigen Preisen an.

Die Fahrt von Faro nach Cadiz ist als Motorfahrt geplant, da kein Wind vorhergesagt ist. Kein Wind stimmt auch, überraschend sind aber die bis zu 2m Wellen gegenan, die das Fortkommen sehr bremsen. Sie stammen vom Fast-Sturm, der zur Zeit durch die Straße von Gibratar herausbläst. Kurz vor Cadiz kommt auch plötzlich Gegenwind von 18-25 Knoten auf, wir brauchen für die letzten 10 Meilen bis in den Hafen 4 Stunden. Es ist finstere Nacht bei der Ankunft, die grellen Stadtlichter blenden und überdecken alle Navigationshilfen. Eine Nachteinfahrt in einen fremden Hafen bei Starkwind – das mag ich schon gar nicht! Es geht aber gut und wir liegen dann ruhig und sicher in der Marina Puerto America. Es sind nur 5 Minuten mit den Rädern in die Stadt. Cadiz hat eine sehr nette Altstadt auf einer Halbinsel mit sehr engen Gassen. Die Innenstadt ist voller Lokale. Hier treffen wir nach den Kanaren auch wieder auf „100 Montaditos“, die spanische Antwort auf  McDonalds, aber viel besser und viel billiger. Es gibt tausend schmale Gassen mit schönen Fassaden, und alle schauen gleich aus. Man verirrt sich hier leicht, aber die Halbinsel mißt nur 1.2km im Quadrat, und so kommt man in jeder Richtung bald ans Meer hinaus, wo man sich wieder orientieren kann. Die Gassen sind zwar zum großen Teil offen für den Verkehr, es fährt aber außer ein paar Zulieferern niemand herum, nicht einmal Mopeds, es ist gar kein Platz für Autos. Geparkt wird offenbar in irgendwelchen Tiefgaragen oder auswärtigen Plätzen, jedenfalls haben wir nur ganz wenige Autos in der Innenstadt gesehen. Die wirkt wie eine riesige Fußgängerzone. Wir genießen allabendlich das rege Leben in den Gassen und Plätzen, es ist ja noch bis 22 Uhr hell. Wir kochen gar nicht am Schiff, gehen immer auswärts essen, man muß die angenehme Stimmung am Abend in der Stadt einfach genießen.
Nach 2 schönen Tagen in Cadiz nutzen wir ein Wetterfenster, der starke Ostwind hört auf, und wir können durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer zurückfahren. Eine starke Strömung von 3 Knoten schiebt fleißig mit an. Um 14 Uhr kreuzen wir die Fahrtlinie unserer Ausfahrt auf die Kanaren vor 2 Jahren. Der Kreis der Atlantikrunde schließt sich. Abends in Gibraltar wird mit einem Fläschchen Sekt auf die Rückkehr ins Mittelmeer angestoßen. Der Atlantik mit seinen Riesenwellen, dem vielen Regen und nie aufhörenden Winden wird definitiv NICHT in meine Liste meiner bevorzugten Segelreviere aufgenommen.

3.13. La Gomera & Abschied von Europa

Die Insel La Gomera südlich von Teneriffa ist unser letztes Ziel in den Kanaren. Die Marina in San Sebastian ist jener in Santa Cruz sehr ähnlich: gleicher Preis, gleiche Brummfähren mit Schwell, Baustelle, kleine Stadt mit steilen Straßen. Trotzdem ist sie bummvoll, während Santa Cruz nur zur Hälfte gefüllt war. Keine Ahnung warum. Hier liegen viele Karibikfahrer und warten auf den günstigen Absprung, so wie wir. Alle treffen letzte Vorbereitungen an den Booten. Wir haben bei einem ungeschickten Manöver den Mastschlitten vom Spinnakerbaum verbogen. Ein widerspenstiges, fieses kleines Edelstahldings. Zum Glück finden wir Andi, den Bootsmechaniker aus Bayern, der es in seiner kleinen Werkstatt wieder halbwegs geradebiegen kann. Die Optik hat zwar ein bisschen drunter gelitten, aber es funktioniert wieder.
Wir machen eine Inselrundfahrt mit dem Bus. Sehr ähnlich wie La Palma: Die Straßen keine 20m geradeaus oder gar eben, durch 1000 Gräben, an 100 Schluchtwänden entlang, immer am Abgrund. Von Busfahren auf Vulkaninseln hab ich jetzt einmal eine Zeit lang genug. Der Bewuchs ist etwas spärlicher als auf La Palma. Valle Gran Rey im Südwesten der Insel befindet sich fest in deutscher Hand – Auswanderer und Touristen. Man hört hier weit mehr Deutsch als Spanisch…
Jetzt bleiben uns noch 2 Tage hier, wir werden Lebensmittel einkaufen, frische Sachen, Obst, Gemüse. Mit haltbaren Dingen haben wir uns bereits ausreichend eingedeckt. Schon Kolumbus hat hier seine Wasservorräte aufgefüllt, werden wir auch tun, und eventuell noch ein oder zwei Bier einkaufen. Am Donnerstag, den 19.Oktober werden wir zur etwa dreiwöchigen Überquerung nach Barbados starten. Wir sind zwar so gut wie möglich vorbereitet, aber ein bisschen aufgeregt sind wir doch. Wir nehmen noch Kontakt mit einigen Bootsbekanntschaften auf, die jetzt auch bald losfahren werden. Hoffentlich treffen wir den Einen oder Anderen in der Karibik wieder.

WEGEN UMZUGS GESCHLOSSEN – nächster Blogeintrag erst wieder vor Weihnachten…

3.12.2. La Palma, Teil 2

Endlich einmal ein durchgehend schöner Tag, sofort nützen wir ihn für einen Wandertag durch die Schlucht Cubo de La Galga. Vier Stunden Fußmarsch durch eine Urwaldschlucht mit Lorbeerbäumen, riesigen Kastanien, Farnen und bemoosten Felsen. Es ist eine beeindruckende Wanderung unter einem dunkelgrünen Laubdach zwischen senkrechten Felswänden. Die Schlucht ist an einigen Stellen höchstens 20 Meter breit. Der Wanderweg ist, oder besser war, eigentlich eine befahrbare Forststrasse. Dort wo sich Strasse und Bachlauf kreuzen, ist der Bach nach den vergangenen starken Regenfällen auf die bequemere Strasse abgebogen und hat diese auf mehrere hundert Meter vollständig abmontiert. Strasse und Bachlauf schauen jetzt gleich aus, und sind an den Kreuzungsstellen nicht immer eindeutig zu unterscheiden. Der als leicht beschriebene Weg ist jetzt zeitweise eine mühsame Kletterpartie über meterhohes Geröll. Das letzte Stück führt über einen schmalen Pfad an der Felswand entlang steil nach oben. Gleich daneben geht es genau so steil nach unten, und zwar ziemlich tief. Der Rückweg führt oberhalb der Schlucht durch landwirtschaftliches Gebiet. Die Beute des Tages: einige Kilo Kastanien, Kaktusfeigen, Avocados, Chayote (Christophene oder Gemüsebirne), Tamarillo (Baumtomate) und Cherimoya (Cremeapfel). Ein weiterer Wandertag folgt ein paar Tage später. Ein sanft ansteigender Weg führt zu einem großen Wasserspeicher, der nur halb voll ist und eher unspektakulär wirkt, auf der anderen Seite geht es über eine ca. 5km lange „Strasse“, eher eine Hauszufahrt, am kürzest möglichen Weg wieder ins Tal. Steil, schnurstracks, ohne Kehren. Ich schätze 35% Gefälle. Sowas gibt’s zuhause nirgends. Kaum zu glauben, dass die da fahren! Wir tun uns schon beim Gehen schwer. Das letzte Stück Fußweg verläuft nicht mehr gerade, sondern in Kehren am Steilhang entlang. Viel bequemer zu gehen, wenn da nicht der Bach wäre, der den gleichen bequemen Weg nimmt, statt gerade hinunter zu fließen. Daher waten wir durchs 10 cm tiefe Wasser, und kommen unten mit schlammgefüllten nassen Schuhen an. Trotzdem, oder vielleicht auch deswegen ist La Palma die für uns landschaftlich reizvollste Insel der Kanaren. Der dritte Wandertag führt uns in den Süden der Insel zu einem Vulkan, der 1971 zum letzten Mal ausgebrochen ist. Die Landschaft ist vollkommen anders, Lavageröll, schwarzer Vulkansand, kaum Bewuchs, trocken. Das einzig Vertraute und Gewohnte sind die Wege, die wie auch im Norden immer gerade auf die Berge führen, und auf der anderen Seite wieder gerade runter, egal wie steil es auch ist. Wir nutzen die Tage hier auch, um unsere Vorräte an Lebensmitteln für die Überfahrt aufzufüllen. Am Boot werden noch ein paar kleine Reparaturen und Wartungen durchgeführt. Das Beiboot, das schon seit Längerem Auflösungserscheinungen zeigt, gibt nun endgültig den Geist auf: der Gummiboden löst sich grossflächig von der Schwimmkammer ab, es entsteht ein fast 1m langer Riss. Schwimmt zwar noch, ist aber nach wenigen Minuten voller Wasser. Ein Reparaturversuch vom Fachmann hier wird wegen Undurchführbarkeit abgebrochen. Wir müssen ein neues Beiboot kaufen. Die Auswahl hier auf La Palma ist sehr gering. Wir finden aber ein sehr kleines, dafür halbwegs billiges Böötchen.

3.12.1. La Palma, Teil 1

Die kleine Stadtmarina von La Palma ist erstaunlicherweise fast leer. Hier werden wir die nächsten 4 Wochen bleiben. Die Hauptstadt der Insel ist Santa Cruz. Die putzige kleine Stadt liegt in einem halben Vulkankrater, extrem eng und steil. Hier sind viele alte, aber gepflegte Häuser, kaum etwas verfallen oder gammelig. Alle paar Tage legt ein Kreuzfahrtschiff an und täglich eine Fähre. Der blöde Kahn hat die halbe Nacht den Generator laufen, und der macht Krach wie ein Hubschrauber. Auch hier gibt es eine Baustelle vor dem Hafen, aber insgesamt ist es hier bedeutend ruhiger als auf Teneriffa. Allerdings gibt es hier im Hafen häufig Schwell, und da wird man manchmal ganz schön durchgeschüttelt. Das Internet hier ist mehr als bescheiden, funktioniert nur selten, und dann langsam.
Nach 2 Tagen treffen auch Veronika und Robert von der Seven Seas hier ein. Die beiden haben wir schon in Gibraltar getroffen. Auch Bernd und Birgit, die deutschen Bekannten aus Teneriffa kommen nach ein paar Tagen hier an. Der Besuch von Tochter Anna fällt wettermäßig in eine ungünstige Zeit: ein fettes Sturmtief über Madeira schickt uns Starkwind, kurzzeitig sogar mit 50 Knoten, und in den Pausen Starkregen, mehrmals täglich abwechselnd. Da ist weder Segeln noch Wandern extra lustig. Zwischendurch ist es dann wieder für einige Stunden sonnig und heiß. Wir machen ein paar Busrundfahrten durch die Insel. Die Strasse ist teilweise so schmal und steil, dass für einen Abschnitt vom großen in einen kleineren Bus umgestiegen werden muß, und selbst der muss bei manchen Kurven zurücksetzen, damit er herumkommt. Sie führt durch duzende tiefe Gräben und Schluchten mit senkrechten Wänden. Die enge und kurvige Strasse hoch über dem Abgrund ist für meine Liebe zur Höhe manchmal eine kleine Herausfoderung. Überall ist dichter Bewuchs, entweder Wald oder Bananenplantagen auf aufwendigen Terassen. Es wirkt alles sehr tropisch, dazu immer wieder Regen, jedoch recht warm. Jeden Tag mindestens ein schöner Regenbogen. Ein Halbtag kann sogar für einen Strandausflug genutzt werden. Der Stadtstrand ist künstlich angeschüttet mit schwarzem Vulkansand. Das Meer ist auch Mitte Oktober noch zum Baden warm genug. Gleich nach dem Baden kommen aber wieder die nächsten Regengüsse. Einer davon so stark, dass das Wasser in mehreren Kaskaden von den steilen Vulkanflanken herunterschiesst, auch über die Strassen im Steilhang hinweg. Es reisst eine Menge Erde mit sich. Das sonst sehr klare Hafenwasser färbt sich rotbraun. Man liegt hier jetzt wie im Amazonas zur Regenzeit.
Am Ende der zweiten Woche wird es wieder ruhig.  Anna fliegt wieder ins kalte Österreich zurück, und Veronika und Robert fahren weiter nach Teneriffa. Hoffentlich treffen wir die beiden wieder irgendwo, wenn sich unsere Wege wieder kreuzen.

3.11. Teneriffa

Von den vier Tagen im Süden Gran Canarias, wo fast immer die Sonne scheint, wie uns die Tourismusprospekte erklären, sind drei dicht bewölkt, aber wenigstens warm, auch zum Baden. Die Überfahrt nach Teneriffa gestaltet sich dann ein bisschen ruppig. Halbwind mit 20 Knoten und eineinhalb Meter Wellen beglücken uns in regelmäßigen Abständen mit Salzwasserduschen am Steuerstand. Das ist nicht gerade gemütliches Segeln, aber dafür gibt es fast immer 7 bis 8 Knoten Bootsgeschwindigkeit als Entschädigung. Nach Ankunft in Santa Cruz haben wir reichlich Wasser in der Vorschiffsbilge. Die undichte Stelle, vermutlich am Wassertankeinfüllstutzen am Bug wird in den nächsten Tagen abzudichten sein.
Die Stadtmarina von Santa Cruz wird in den Reiseführern als zu teuer beschrieben. Nach Preisanfragen per Email ist sie aber die günstigste im Umkreis, daher fahren wir dorthin. Der Hafen ist nur halb voll, rund ums Hafengelände befindet sich eine Großbaustelle. Der gesamte Uferbereich wird gerade umgebaut. Das stört uns wenig, durch die Baustellenabzäunungen kommen wenigstens keine Spaziergänger herein und es ist erfreulich ruhig. Zumindest am Wochenende. Montags fangen die Bagger und Presslufthämmer wieder an zu arbeiten, da muss man sich erst dran gewöhnen. Aber wir haben schon weit schlimmere Häfen gesehen. Neben uns am Ufer steht irgendein Amtsgebäude mit Glockenturm. Darin befindet sich das schaurigste Glockenspiel, das wir je gehört haben. Klingt, wie wenn man mit einem Eisenrohr auf ein Metallgeländer schlägt.
Die Stadt ist eher klein und wenig auf Touristmus ausgerichtet. Allerdings kommt etwa jeden zweiten Tag ein Kreuzfahtschiff herein, dessen bleiche und wohlgenährte Gästeschaft dann für ein paar Stunden in die Stadt quillt. Im Altstadtbereich sehen wir viele schöne Häuser. Auf allen größeren Strassen sind die Gehsteige breit, und unter grossen, schattenspendenden Baumreihen versteckt. Auch sehr viele Plätze in der Stadt sind dicht mit riesigen Bäumen bewachsen, und überall sind Cafes und schattige Lokale darunter zu finden. Eine gemütliche Wohnstadt. Da kann man es eine Zeit lang aushalten. Nur das Leitungswasser ist so stark chloriert, dass man damit nicht einmal kochen kann.
Am Obstmarkt kaufen wir günstig Mangos ein und verarbeiten sie zu Marmelade. Schmeckt hervorragend. Eine testweise gekaufte Drachenfrucht schaut zwar toll aus, ist aber sauteuer und schmeckt eher nach gar nix.
Ein Ausflug mit der Straßenbahn führt uns in den Nachbarort La Laguna. Dort gibt es eine Universität, und entsprechend belebt sind die Fußgängerzonen und Lokale im Ausgehviertel mit jungen Leuten.
Einen gemütlichen Abend bei ein paar Bierchen verbringen wir mit den deutschen Seglern Bernd und Birgit. Die liegen drei Plätze neben uns und sind seit fünf Jahren unterwegs. Endlich eimal wieder deutschsprachige Unterhaltung statt englisch.
Wir nehmen ein billiges Leihauto und kriegen ersatzweise ein feines Cabrio zum Preis der Billigkiste, weil die am Übergabezeitpunkt nicht verfügbar ist. Damit fahren wir auf den Teide, einen 3700m hohen Vulkan. Da kann man bis auf 2700m mit dem Auto hin, und man fährt dabei durch tolle Landschaften. Dann geht es per Seilbahn bis auf 3500m hinauf. Das Letzte Stück zum Gipfel darf man nur Sondergenehmigung und Führung. Die Seilbahn hätten wir uns ersparen sollen: 27Euro/Person(!) und 2 Stunden Anstellen. Die Aussicht von oben ist dann allerdings gar nicht wesentlich besser als von unten. Der Anblick des Berges von der Zufahrtsstrasse aus über einen schmalen Grat war beeindruckender. Schad ums Geld und die Zeit.
Der Aufbruch von Teneriffa erfolgt kurz entschlossen einen Tag früher als urschprünglich geplant. Der Wind soll in den nächsten Tagen aufhören. Wir wollen den letzten Windtag zur Überfahrt nutzen und haben Glück. Nach ein paar Stunden Aufkreuzen können wir mit Halbwind eine ganze Nacht ohne Segeländerung durchsegeln und erreichen bei Sonnenaufgang La Palma.

3.10. Gran Canaria

Nächstes Ziel ist Gran Canaria. Fuerteventura wär zwar näher, dort scheint es aber für uns kaum geeignete Plätze und nur wenig Sehenswertes zu geben, außer Stränden. Das werden wir auslassen. Auf der recht schwachwindigen Fahrt von Arrecife zum Südende von Lanzarote können wir ganz gut den neuen Spinakerbaum einsetzen und die passenden Segeleinstellungen dafür ausprobieren. Die Überfahrt verzögert sich dann  ein paar Tage. Der Wind, der bis jetzt seit 3 Wochen ohne Pause sehr stark geblasen hat, hört plötzlich ganz auf. Im Süden der Insel bleiben wir noch zwei Tage an einem geschützten Strandabschnitt. Dort sehen wir eine große Wasserschildkröte am Boot vorbeischwimmen. Anschließend einen Tag in der Marina Rubicon, die als Werbeangebot eine Nacht gratis anlegen läßt. Sehr nette Marina mit Pool, das darf man nicht auslassen, wenns zudem nix kostet.Am Sonntag starten wir dann die Überfahrt bei Leichtwind. Kann länger dauern als erhofft, aber wir haben ja Zeit. Unterwegs gesichtet: mindestens 1 Wal und mehrmals Delfine, einmal nachts, wo sie beim Vorbeischwimmen in der Dunkelheit eine grünlich schimmernde Spur von angeregten Leuchtalgen hinterlassen. In der Früh liegt ein Kalmar auf dem Vordeck. Mit fliegenden Fischen ist mir das schon passiert, aber wie ein Tintenfisch da heraufkommt ist mit rätselhaft. Zum Abschluss kommt uns beim Einlaufen in das riesige Handelshafenbecken von Las Palmas eine Gruppe von Delfinen entgegengeschwommen.
In der Stadtmarina kriegen wir keinen Liegeplatz für eine ganze Woche, immer nur ein, zwei Tage Verlängerung. Viele Plätze sind für die ARC (Atlantic Race of Cruisers) reserviert und müssen bei Bedarf kurzfristig verfügbar sein. Überhaupt sind hier alle irgendwie am Bootherrichten und Aufrüsten für die Überfahrt, und das zwei Monate bevor das überhaupt möglich ist. Aber der Hafen verlockt mit einem Preis von unter 10 Euro am Tag auch zum länger bleiben.
Die Stadt ist ziemlich gross, modern und hektisch. Es gibt aber einen netten Altstadtkern, mit Geschäften, Lokalen und einer riesigen Fußgängerzone. Der Rest der Stadt ist aber sehr autofreundlich, mit vielspurigen Straßen und riesigen Kreuzungen und für Radfahrer eher gefährlich. Man muß fast immer auf Gehsteige ausweichen und das ist mühsam wegen der Bordsteinkanten. Ein Ausflug per Bus geht in den nahen Botanischen Garten, den grössten Spaniens. Sehr beeindruckend in einer Schlucht gelegen, bietet er schöne Möglichkeiten zur Wanderung auf schattigen Wegen.
Für einen Tag gönnen wir uns wieder ein Mietauto und fahren wir die nördliche Hälfte der Insel ab. Sehr beeindruckend ist der höchste Berg im Zentrum mit 1950m. Von da aus überblickt man die gesamte Insel.
Ein Viertel der Insel im Norden ist oft mit Wolken bedeckt, die sich dort an den hohen Bergen stauen. Man schaut wie vom Flieger aus darauf hinunter. Der Norden ist üppig bewachsen. Wir fahren durch zig Schluchten und Gräben in der vulkanischen Landschaft. Die ist dort im Gegensatz zu Lanzarote feucht und grün. Wir sehen Kiefernwald mit lustigen Flechten dran, Schilf und riesige Kastanienbäume.
Nach 8 Tagen in Las Palmas kriegen wir keine Verlängerung mehr, der Liegeplatz ist reserviert. Wir brechen in den Süden der Insel auf, wo wir Ankerplätze suchen wollen.

3.9. Lanzarote

Auf Lanzarote geht immer starker Wind. Tag und Nacht, jeden Tag, immer gleich. Zum Ankern gibt es hier wenig Möglichkeiten, daher bleiben wir in der Marina und machen von hier aus Landausflüge. Die Insel ist voller Vulkankegel, sehr trocken und karg, mit schwarzen Steinen, und fast nur Kakteen als Bewuchs. Weingärten befinden sich in Gruben in der Vulkanasche, hinter halbrunden Mauern vom Wind geschützt. Etwas ungewohnt und neu für uns sind die Gezeiten hier. Der Tidenhub beträgt 3m, das kleine idyllische Hafenbecken ist da bei Niedrigwasser plötzlich leer und die Boote liegen traurig am Grund herum. Am Schwimmsteg in der Marina merkt man davon zum Glück nichts.

Eine Radausfahrt geht nach Teguise, 13 km leicht bergauf gegen den Wind. Sehr mühsam. Heim geht’s dafür immer bergab und mit Rückenwind. Viel besser! Immer sonntags gibt es hier einen riesigen Markt über die halbe Stadt verteilt. Und mit riesig meine ich wirklich riesig, mit einigen hundert Ständen, und tausenden Besuchern. Sehr volksfestmäßig.
Wir unternehmen weitere Radausflüge in die Badeorte Costa Teguise und Puerto del Carmen. Es zeigt sich, wie wenige Strände und Bademöglichkeiten Lanzarote eigentlich bietet. Ausserdem lassen immerfort starker Wind und Wellengang kaum ein gemütliches Baden zu. Der große Tidenhub bewirkt zudem, dass Strände bei Hochwasser im Meer vesinken, und bei Niedrigwasser wieder völlig trocken liegen.
Per Mietauto machen wir eine Inselrundfahrt mit Besuch eines sehenswerten Kaktusgartens. Anschliessend durchwandern wir eine Höhle, die der Lavastrom beim Erkalten zurückgelassen hat. Sie führt von einem Vulkankegel 7km weit bis ins Meer. Ein Teil davon ist begehbar und für Besucher offen. Zuletzt besuchen wir den Vulkan Timanfaya, dessen umliegendes riesiges Lavafeld seit dem letzen Ausbruch vor 300 Jahren ziemlich unverändert blieb. Dieser Vulkan ist noch lauwarm, auf seiner Flanke steht ein Restaurant mit einem riesigen Griller über einem Felsschacht, aus dem Luft mit 250 Grad aufsteigt. Bei einer Rundfahrt über eine winkelige steile Strasse werden die Besucher eine Stunde lang mit Bussen durch das gesamte Lavafeld, durch Ascheberge und über die Vulkankegel transportiert, Blick in den Krater inklusive.

Am Sonntag hat sich die bekannte „Dagmar Aaen“, das Expeditionsschiff von Arved Fuchs neben uns gelegt. Obwohl schon weltweit gereist, Nordostpassage, Nordwestpassage und viele andere unwirtliche  Gegenden, hat das Schiff keinen passenden Stromanschlußadapter dabei. Im Eismeer brauchte sie wohl keinen. Wir können ihnen mit einem Verbindungsstück aus unserem reichhaltigen Elektrosortiment aushelfen und bekommen dafür eine ausgiebige Führung durch das 80 Jahre alte Schiff Jetzt fährt sie weiter über Kap Verden nach Südamerika, ganz Süd, wo es wieder kalt ist.
Am Donnerstag treffen wir hier unsere Freunde Lisa & Andi, die schon vor einem Jahr eine Kanarenkreuzfahrt auf der Aida gebucht haben. Dass wir eben jetzt auch gerade hier sind, haben sie in diesem Blog gelesen. Wir nehmen ein Bierchen am Abend, oder waren’s zwei – weiß nicht mehr –  und haben viel zu erzählen.
Die Dauer unseres Aufenthaltes hier wird wie schon öfters durch die Lieferzeit diverser Schiffsteile bestimmt. Diesmal ist es ein Spinakerbaum, der aus Gran Canaria angeliefert wird. Der angebotene Preis ist OK, auch nicht teurer als beim Bestellen im Internet. Wir brauchen ihn unbedingt zum Ausbaumen der Genua bei Vorwindkurs und Wellen. Ohne den geht es nicht, wie wir bei der Überfahrt auf die Kanaren festgestellt haben.

3.8. Großer Teich

Um gegen den ständigen Strom durch die Strasse von Gibraltar hinaus zu fahren, sollte nicht auch noch Gegenwind aus West wehen. Das tut er derzeit aber recht stark, daher warten wir zusammen mit mehreren Booten hier in La Linea bei Gibraltar auf Ostwind. Zudem erwarten wir auch eine Paketlieferung aus einer Internetbestellung. Der etwas längere Aufenthalt bietet Gelegenheit, ein paar Dinge nachzuholen. Ölwechsel an der Maschine, eine Kompassreparatur, und wir kaufen in einem grossen Einkaufszentrum der Stadt neue Fahrräder im Abverkauf um die Hälfte reduziert. Diesmal mit noch dickeren Fahrradschlössern. Wir nutzen die neue Mobilität gleich zu einer kompletten Umrundung des Gibraltar-Felsens auf einer abenteuerlichen Strasse durch Tunnels und am Abgrund entlang, und am Ende direkt am Fuße der 400m hohen senkrechten Felswand vorbei. Jetzt sind tägliche Einkäufe in den weitläufigen spanischen Küstenstädten wieder einfach möglich. Ein Ausflug mit dem Autobus geht ins 40km entfernte Tarifa, einem Touristenort und Surfspot außerhalb,  und einer ganz netten Altstadt innerhalb der alten Stadtmauer. Auf den Leuchtschriften der Busse steht übrigens nicht, wo sie  hinfahren, sondern wo sie herkommen! Sehr interessant. Die Logik dahinter bleibt uns leider verborgen, aber wir finden durch Fragen dann doch den richtigen Bus.
Die beiden Pakete kommen termingerecht an, und zwei Tage später dreht der Wind auf Ost, sodass wir die Durchfahrt machen können. Während der Tidenstrom den Grundstrom von West abschwächt, fahren wir die 25 Meilen vorwind bei 25 bis kurzzeitig 35 Knoten unter Genua ziemlich zügig durch. Die Durchfahrt erweist sich als unproblematischer als befürchtet. Wetterglück. Wir sind jetzt im Atlantik.
Für die Überfahrt auf die Kanaren haben wir uns Jausenwürste besorgt. Nun sind die meisten spanischen Wurstarten relativ weich, daher hängen wir sie im Salon auf. Sie sollen ein, zwei Wochen Zeit zum Reifen und Trocknen haben. Die in der Marina Barbate wohnhaften Katzen sehen das anders, schleichen sich nachts auf das Boot, und fressen die beiden Würscht bis auf wenige Zentimeter weg. Wir bemerken nichts davon, erst in der Früh sehen wir die abgefressenen Wurstzipfel.

Überfahrt Gibraltar zu den Kanarischen Inseln:
die ersten beiden Tage gestalten sich anstrengend. Am ersten Tag vorerst fast kein Wind, dann von gegenan. Wir müssen hart am Wind fahren und einen Umweg machen. In der Nacht , während es dann wieder sehr ruhig ist, schwimmen neben uns ein paar Delfine mit, die wir im Dunkel nicht sehen können, aber wir hören ganz nah ihre Ausblasgeräusche. Das Fauchen aus dem Dunkeln klingt ein bisschen gespenstisch. Die nächsten 2 Tage quälen uns mit Leichtwind so um 12 Knoten von genau achtern, dazu sehr hohe Welle um die 3 Meter. Das Boot rollt und geigt, da bleibt kein Segel stehen. Wir müssen vor dem Wind kreuzen, um Fahrt zu machen. Leider verlängert das den Weg zum Ziel deutlich, aber man fährt wenigstens vernünftig. Alle Tätigkeiten, Wie Kochen, Essen, Anziehen oder Klogehen erweisen sich als höchst schwierig. Sitzen und mit zwei Händen Festhalten geht gerade noch. Ab dem dritten Tag sehen wir keine anderen Schiffe mehr im Umkreis von 20 Meilen. Nach fünfeinhalb Tagen durchgehender Fahrt kommen wir in Arrecife auf Lanzarote an. Das war mit 630 Meilen am Stück unsere bisher längste Überfahrt. Im Nachhinein betrachtet sind die fünf Tage eigentlich schnell vergangen.