5.16. Vorbereitungen

Nach einigen weiteren Tagen zurück in der Bucht von Marigot taucht eines Morgens ein Gendarmerieboot auf, klappert alle Ankerlieger ab, kontrolliert die Papiere und teilt allen mit, dass hier in der Marigot Bay eigentlich eine Abgabe an die Hafenbehörde erfolgen muss. Der „Hafen“ der Hafenbehörde besteht aus einem Fähranlegesteg und das war’s. Man hätte gerne einmalig 20 Euro und dann pro Tag 4 Euro für unser Boot. Das wären für die rund 3 Wochen, die wir schon hier sind mindestens 100 Euro! Für einen unruhigen Ankerplatz mit ordentlich Schwell! Rückwirkend bezahlen wir aber sowieso nicht, und für weiterhin lehnen wir dankend ab und verlegen uns in die Lagune. Dort gibt es keinen Schwell und es kostet nix. Nachteil: man kann nur 3x am Tag durch die Klappbrücke ein- oder ausfahren, es ist sehr seicht in der Lagune und die Einkaufsmöglichkeiten sind sehr weit entfernt. Wie in allen gut geschützten Ankerplätzen liegen auch hier Duzende Bootsleichen, teilweise noch bewohnt, teilweise leerstehend aber noch schwimmend. Und es liegen unzählige Wracks herum. Die meisten liegen an den Ufern auf Grund, einige sind ganz gesunken und lauern in eineinhalb Metern Tiefe auf Opfer. Unweit von uns bleibt ein amerikanischer Segler mit seinem Kiel in einer solchen Leiche stecken. Mit Hilfe von 5 Beibooten der umliegenden Schiffe können wir ihn wieder vom Wrack herunterziehen.
Da wir unser Vorsegel wegen einer geringfügigen Reparatur zum Segelmacher auf der holländischen Seite der Lagune bringen müssen, kommt uns der Lagunenaufenthalt gar nicht so ungelegen. Der Segelmacher ist gut ausgelastet und bestätigt uns den Termin für die relativ einfache Reparatur nicht vor 10-12 Tagen. Also haben wir Zeit.
Ostern ist hier anders als zu Hause, kein besonderer Feiertag. Die Geschäfte haben ganz normale Öffnungszeiten. Das Osterwetter hingegen ist wie daheim: Samstag und Sonntag schüttet es fast den ganzen Tag, die Wassertanks werden übervoll mit Regenwasser. Danach beginnt es sehr stürmisch zu werden, der Regen hört zwar auf, die Wolken bleiben aber, es ist tagelang keine Sonne zu sehen, der unangenehme Starkwind wird die nächsten 2 Wochen anhalten.
Am vereinbarten Termin kriegen wir unser Vorsegel tatsächlich zurück. Es wurde nicht nur die bestellte Reparatur des Schothorngurts gemacht, sondern alle Gurte an allen Segelecken erneuert und auch noch einige Nähte nachgebessert. Trotzdem ist es kaum teurer als vorab angegeben. Das ist einmal eines der wenigen positiven Erlebnisse im Zusammenhang mit Schiffsreparaturen und deren Kosten.
Wir treffen erste Vorbereitungen und Einkäufe für die Rückfahrt über den Atlantik nach Europa. Wir haben jetzt Mitte April und beobachten laufend die Großwetterlage über dem Nordatlantik, noch zeichnet sich keine Stabilisierung ab. Die übliche Zeit für die Überfahrt ist Mai und Juni. Das lokale Wetter hier ist grottenschlecht, Dauerstarkwind, Tag und Nacht um 20 Knoten, immer wieder von kurzen aber heftigen Regenschauern unterbrochen, dann ist es für 10 Minuten windstill. Übertroffen wird das Mistwetter nur noch vom Internetzugang: 30 Euro im Monat, unbegrenztes Datenvolumen! Aber: Die Geschwindigkeit ist müder als bei den WAP-Handys bei uns vor 20 Jahren. Selbst bei ununterbrochenem Gebrauch bringt es man höchstens auf 100 MByte am Tag. Internettelefonie undenkbar. Unbegrenztes Datenvolumen! Sehr lustig!
Der ruhige Ankerplatz in der Lagune hat den Nachteil, dass die Wasserqualität eher schlecht ist. Schließlich gibt es nur 2 schmale Einfahrten zum Wasseraustausch. Manchmal riecht alles ein bisschen nach Kanal. Für den Betrieb des Wassermachers fahren wir wieder einmal hinaus ins offene Wasser. Eine Schnorchelrunde ums Boot zeigt die schlimmen Auswirkungen der Nährstoffbrühe: Die Schiffsunterseite ist voller Seepocken und Entenmuscheln. Nach mehr als einer Stunde unterm Boot herumtauchen und mit einer Spachtel sauber schaben schaut das Unterschiff wieder  halbwegs akzeptabel aus.
Wir haben für die Überfahrt Diesel vollgetankt, auch einige Reservekanister gefüllt, das Schiff so weit wie möglich durchgecheckt, und wir haben Freund Andi wieder für das Wetterrouting am Satellitentelefon gewinnen können. Diese Methode hat auch bei der Überfahrt in die Karibik bestens funktioniert.
Verderbliche Lebensmittel, Obst und Gemüse werden wir erst unmittelbar vor Abfahrt besorgen, aber sonst sind wir eigentlich bereit. Jetzt müssen wir nur noch eine vernünftige Wetterlage abwarten, und dann soll es losgehen.

5.15. von Martinique nach St.Martin

Nach der Abreise unserer Gäste „normalisiert“ sich das Wetter wieder auf gewohnten Karibik-Standard, d.h. es ist zehn Tage lang Starkwind aus Nordost mit nicht unter 22 Knoten, Welle 2 Meter. Unwitzig nach Norden zu fahren. Wir hängen wieder einmal zum Abwarten einer Wetteränderung in Fort De France herum. Die Wetteränderung erfolgt dann in der Art, dass  zum Nordostwind auch noch Dauerregen dazukommt. Am Tag vor unserer Abreise fahren wir bloß 3 Meilen ums Eck zur Tankstelle zum Wasserbunkern. Dauert mehr als eine Stunde, es sind nämlich 30 Knoten Gegenwind und 1 Meter Welle gegenan – und das in der Stadtbucht! 2 Tage später können wir dann endlich die 200 Meilen nach Nordwest mit Ziel St.Kitts & Nevis starten. Segeln geht gar nicht so schlecht, nur im Lee der größeren Inseln hört der Wind zum Teil ganz auf, obwohl wir mit mindestens 10 Meilen Abstand an den Inseln vorbeifahren.
In St.Kitts finden wir einsame, geschützte Plätze mit gutem Ankergrund. Es bläst zwar mit 25-30 Knoten, trotzdem liegen wir gut und ruhig – kein Schwell. Leider sind diese Ankerplätze so weit von Ortschaften entfernt, dass wir diese nicht mit dem Beiboot erreichen können. Schade, dass  wir dort nicht an Land gehen konnten.
Die geplante Weiterfahrt nach St. Martin erfolgt am übernächsten Tag. Das Wettervorhersage kündigt eigentlich gute Segelbedingungen für uns an. Es regnet dann jedoch alle halben Stunden, Squalls mit Sturmböen erwischen uns ständig. Der Wind dazwischen wird schwach und dreht auf Südsüdost. Wir müssen unser Ziel ändern und fahren vorerst nördlicher nach St.Bartelemy. Dort findet in den nächsten 3 Tagen eine Nobelhobel-Regatta (J-Klasse) für hauptsächlich  britischen Geldsackidioten statt. Die Bucht ist gerammelt voll mit zigmillionen teuren Superyachten, Hubschrauber inklusive, die Beiboote allesamt größer und teurer als Toroa. (z.B. Vava II + Heli von Ernesto Bertarelli, Alinghi-Besitzer, Pharma-Milliardär). Nebenbei herrscht hier ein Schwell, der ununterbrochen von hinten ans Bootsheck tuscht. Hier ist an Land kein Negerlein mehr zu sehen (gut, das war übertrieben, etwa 10 Stück habe ich gesichtet), nur Reich und Schön und Schickmicki bis zum Erbrechen. Es ist wie ein Urlaubsort in Südfrankreich, Fetzenläden, Schmuckläden, Souveniers und Autovermietungen. Und sauteure Restaurants, das Bier um 10 Euro. Die Flughafen-Einflugschneise ist gleich darüber und ein fettes Dieselkraftwerk steht direkt am Strand neben der Stadt. Es ist eigentlich ziemlich widerlich hier. Schlägt sogar Ibiza/Formentera um Längen.
Die kurze Überfahrt von St.Barth nach St.Martin ist wieder problemlos und gut zu Segeln. Am dicht belegten Ankerplatz bei Marigot im französischen Teil angekommen stottert der Motor und hört dann ganz auf. Das Notankermanöver klappt gut und wir erwischen zum Glück auf Anhieb einen ganz passablen Platz. Grund für den Aussetzer ist Dieselschlamm, der den Filter und die Rohrleitungen verstopft. War wohl nachlässig von mir, den Filter nicht regelmäßig zu prüfen. Wir reinigen die verstopften Schläuche, den Absperrhahn und tauschen den Filter. Natürlich muss aber auch der Tank mit den darin noch enthaltenen 80 Litern Diesel gereinigt werden. Das erledigt ein örtlicher „Profi“, dessen Absaug- und Filterpumpe jedoch vom zu schwachen Generator nicht zum Absaugen bewegt werden kann. Daher wird mittels Naßsauger(!) vom Baumarkt abgesaugt und in Kanister umgeschüttet. Eine stinkende Mordsschweinerei. Den abgesaugten Diesel nimmt er mit in die Werft, filtert ihn und bringt ihn gereinigt zurück. Inzwischen wird der Tank mit einem selbstgebastelten Riesenwattestäbchen durch die 5cm große Inspektionsöffnung saubergewischt. Klingt seltsam, ist es auch, funktioniert aber. Nach einigen Stunden ist es getan und die Maschine läuft wieder. Kostet 350 Euro, cash, schwarz, steuerschonend.
Ansonsten ist französisch-St. Martin gar nicht so französisch wie etwa Martinique oder Guadeloupe. Die Leute sprechen hier öfter Englisch als Französisch, die gängige Währung ist der US-Dollar. Alles ist hier sehr viel amerikanischer, die Autos, die Geschäfte, der Supermarkt. Der ist allerdings pipifein sortiert und angenehm sauber.
In der riesigen Lagune der Insel treffen wir Sabine und Michi von der „Windward Star“, die wir schon aus Grenada kennen. Abends fahren wir zusammen mit dem Bus nach Grand Case zum wöchentlichen Straßenmarkt mit anschließendem Rippchenessen im dafür bekannten Lokal. Die Rippchen werden ihrem guten Ruf absolut gerecht. Zum Schluß gibt’s noch einen Absacker an einer Strandbar direkt am Wasser. Ein sehr gelungener Abend, der allerdings, wie es in der Karibik halt immer sein muss, drei Mal von Regenschauern unterbrochen wird.
Ansonsten treffen wir hier noch Wolfgang von der „Lili“, und hören am Funk ständig Bootsnamen, von denen uns die meisten bekannt sind. Es fahren halt doch alle die gleiche Route ab.
Ein Ausflug geht per Bus nach Philipsburg auf der holländischen Seite. Dort ist alles noch amerikanischer, noch mehr Fetzen- und Schmuckläden, noch mehr fette, burgermampfende Kreuzfahrttouristen. Ansonsten hat die Stadt auch nicht mehr zu bieten als Marigot. Sie ist ein klein wenig sauberer vielleicht, für die Touristen, zumindest in den Bereichen wo die hinkommen.
Weil es immer am gleichen Platz öde wird, wollen wir uns in die Grand Case, 3 Meilen entfernt verlegen. Während es in Marigot hinterm Berg fast windstill ist, bläst es in Grand Case jedoch aus der Flughafenschneise mit ungemütlichen 24 Knoten heraus. Wir drehen sofort um und fahren zurück nach Marigot.
Später wechseln wir für ein paar Tage zur Nachbarinsel Tintamare. Die kleine Insel ist Naturschutzgebiet und unbewohnt, bis auf ein paar Ziegen und Vögel. Der Rest eines Flugfeldes aus dem 2.Weltkrieg ist da, ein paar rostige Flugzeugmotorreste liegen herum. Ansonsten ist da noch ein schöner Sandstrand, der tagsüber von vielen lauten Motorbooten besucht wird, über Nacht bleiben nur mehr ein paar Segelboote da, es ist sehr dunkel und angenehm ruhig.

5.14. Gäste an Bord

Die letzten 20 Meilen von Les Saintes nach Guadeloupe erweisen sich wieder einmal als Traum karibischen Segelns: Die Vorhersage meldet 13 Knoten wind aus Ost. Ost passt, aber die 13 Knoten sind in Echt 22-25, und die kurze steile Welle ist 2m hoch. Es scheppert und tuscht immerfort und jede 5. Welle steigt mit 10 Litern Salzwasser ins Cockpit ein. Der Bug ist bei jeder Welle unter Wasser. Toll. Mag ich aber nicht so.
Hier in Guadeloupe wollen wir Mitte Februar meine Tochter Anna und ihren Freund Christoph aufnehmen, die uns zwei Wochen lang bis zurück nach Martinique begleiten werden.
Wir ankern vorerst im Schutz der Ile du Gosier an der Südküste. Wir wollen noch nicht ins gammelige Wasser von Point a Pitre reinfahren. Der Wind pfeift hier zwar nach wie vor ständig mit über 20 Knoten am Ankerplatz, aber die Wellen werden von der Insel und dem anschließenden Riff ganz gut abgeblockt, man liegt einigermaßen ruhig.
Der Dauersturm mit über 20 Knoten Wind hält mehr als eine ganze Woche an. Baden: unmöglich. Mit dem Beiboot irgendwohin fahren: unmöglich. Wieder einmal eine richtig typische karibische Traumwoche. Nach einer Woche Ausharren im Sturm segeln wir angenehm(!) bei 22 Knoten Rückenwind in die Stadtbucht von Pointe a Pitre hinein. Dort ist bekanntermaßen beschissener Ankergrund, bei 8 Ankerversuchen flutscht der Anker über den Schlammgrund hinweg, mit absolut Null Halt, die Kette spannt sich nicht einmal leicht an. Beim 9. Versuch glauben wir, dass er ein bisschen halten könnte, wir ziehen einfach beim Einfahren nicht so fest an, und schmeißen alles was geht an Kette raus.
Als unsere Gäste eintreffen ist schlagartig schönstes Wetter mit Leichtwind. Die halten natürlich alles für maßlos übertrieben, wenn ich von den vergangenen Wochen mit Dauerstarkwind erzähle. Die Beiden bringen natürlich jede Menge Dinge für uns von zuhause mit. Aber auch nützliche Urlaubsutensilien für sich selbst, wie etwa ein riesiges aufblasbares Einhorn mit goldenem Horn und Regenbogenschwanz, das in unserer Ankernachbarschaft dann doch einiges Aufsehen erregt.
Am ersten Tag fahren wir mit ihnen nach Gosier zur kleinen Badeinsel hinterm Riff und bleiben dort einmal über Nacht. Dann folgt ein angenehmer Segelschlag nach Les Saintes bei 12 Knoten Halbwind und nur wenig Welle. In Les Saintes bleiben wir 2 Tage an einer Boje in der Stadt, um uns dort alles anzuschauen, inklusive dem Fort mit toller Aussicht und einer Inselrundwanderung. Leider liegt man dort recht schwellig und wir wechseln in unsere Lieblingsbucht Anse sous Vent auf der unbewohnten Insel Cabrit. Anna und Christoph sind begeistert von der Umgebung, Palmen, Stränden, Iguanas und den Schnorchelmöglichkeiten. Nach 3 Tagen segeln wir, wiederum bei besten Bedingungen, nach Dominica, wollen für 5 Tage bleiben. Einen Tag sind wir mit einem Mietauto unterwegs, umrunden die Nordhälfte der Insel, finden Wasserfälle zum Baden, Palmenstrand und Urwald. Leider findet uns auch der Regen mehrmals an diesem Tag. Zurück in der Prince Rupert Bay stellen wir fest, dass es den ganzen Tag heftig aus West geblasen hat. Am Strand mit dem Dinghisteg brechen eineinhalb Meter hohe Wellen. Die Beiboote sind alle an den Strand geborgen worden, am Steg hätte es wohl einige zerstört. Nur zögerlich wagen wenige die Rückfahrt zu ihren ankernden Booten. Das Einsteigen und Losfahren bei solcher Brandung ist aber auch wirklich schon gefährlich. Wir warten mehrere Stunden bis zur Dunkelheit. Es wird aber nicht besser und so wagen wir die Beibootfahrt – ziemlich abenteuerlich und nicht ganz trocken. Die Yachten rollen wie wild in der normalerweise ruhigen Bucht. Schlafen werden wir in dieser Nacht nur sehr wenig. Wenigstens ein kleiner Vorgeschmack für die Gäste, dass es nicht immer so gemütlich abgehen muss, wie in den letzten Tagen. Habe wieder ein bisschen von meiner Glaubwürdigkeit zurückgewonnen.
Die Überfahrt nach Martinique muss bei sehr wenig Wind großteils mit Maschine erfolgen. Da wir dort auch ein paar Tage verplant haben, können wir nicht auf günstigeres Segelwetter warten. Wenigstens ist es völlig ruhig – bis aufs Gebrumme vom Motor. Dort liegen wir vor St.Pierre wieder mit Westwind und unangenehmem Schwell. Einige Tage zuvor ist dort eine kleinere Segelyacht gestrandet und liegt halb unter Wasser. Die Hebeaktion mit riesigen Luftkissen dauert fast einen ganzen Tag, ist aber letztendlich erfolgreich. In St.Pierre besuchen wir die Rumbrennerei Depaz und den Zoo. Der Canal de Beauregard kann leider nicht bewandert werden. Er ist beim letzten Hurrikandurchzug wohl beschädigt worden und noch nicht wieder eröffnet. Drei Tage verbringen wir dann in der Badebucht Anse Noire und schnorcheln mit bunten Fischen und Schildkröten. Hier sind wir weit genug entfernt vom Faschingswahnsinn der Hauptstadt, den wir im Vorjahr zur Genüge genießen durften. Es gibt nur den üblichen Ankerspaß der Tagesausflügler-Motorboote. Zwei der Highlights: Ein hochmotorisierter Schlauchbootpilot möchte unbedingt an unserer Ankerboje festmachen und reagiert mit völliger Verständnislosigkeit, als ich ihn mit meiner freundlichen Art bitte, dies zu unterlassen. Und ein anderer hat längsseits an einem zweiten Boot angelegt und den Heckanker geworfen. Beim Losfahren vergisst er auf seinen Anker, schleppt ihn einfach hinten nach und merkt es gar nicht. Motorpower besiegt Ankerhaltekraft. Beeindruckend.
Dann beginnt wieder der übliche karibische Starkwind mit mindestens 10x Regen pro Tag, am letzten Tag für unsere Besucher in Fort de France bläst es mit 28 Knoten, Spitzen mit 35. So lernen sie auch das normale Wetter hier kennen und sind froh, ein paar angenehme Badetage erwischt zu haben.

5.13. von Martinique bis Guadeloupe

In der Bucht von Le Marin wird ein großer Bereich des Ufers zum Ankern gesperrt. Etwa 50 Boote müssen den Platz verlassen und fahren raus nach Ste.Anne. Wir sind davon nicht betroffen, fahren aber trotzdem auch hinaus. Zum Einen treffen wir uns dort mit der „Seven Seas“, zum Anderen wird unsere Ankerumgebung immer seltsamer: hinter uns liegt ein Katamaran, dessen Generator morgens und abends je zwei Stunden lang läuft, fast täglich wird dort Wäsche gewaschen. Das braucht eine Menge Energie. Und vor uns hat sich ein patziger Motorkatamaran hingepflanzt, dessen Maschinen überhaupt gleich den ganzen Tag laufen. Seltsame Menschen. Außerdem ist das Wetter ruhiger geworden, und der riesige Ankerplatz vor Ste.Anne ist dann zum Baden schöner. Am zweiten Tag draußen gibt es eine Einladung zum Abendessen auf „Seven Seas“, zwei Tage danach schlagen wir mit einem Grillabend zurück. Zuvor machen wir eine gemeinsame Wanderung rund um den Bezirk Ste.Anne, gut 15km Gehstrecke. Es wechseln Regenwald, palmenbesetzte Sandstrände, trockene vulkanische Geröllebenen, Mangrovenwald, Salinen und Agrargebiete einander ab. Letztere sind besonders schwierig zu begehen, da die „Wege“ von pflügenden Traktoren völlig verwüstet sind. Die nächsten 2 Tage verbringen wir eher ruhig mit dem Auskurieren des Muskelkaters.
Es ist wieder ziemlich windig geworden, schon mehrere Tage ständig 20 – 25 Knoten. Wir gehen daher an den fast leeren Strand zum Baden, dort ist es ruhiger. Zu Karolines Geburtstag laden wir Veronika und Robert von  „Seven Seas“ zum gemeinsamen Abendessen ein. Da Robert am nächsten Tag auch Geburtstag hat, gibt es eine feine Doppelfeier. „Seven Seas“ fahren am nächsten Tag weiter nach Norden, wir werden noch einen Tag zuwarten, denn der Wind soll angeblich schwächer werden. Am ersten Tag fahren wir mit angenehmem Wind bis St.Pierre, ankern dort einen Tag zum Ausklarieren, und setzen dann nach Dominica über, wo wir ohne einzuklarieren übernachten. Um elf Uhr nachts werden wir dann von extrem lauten Schnarrgeräuschen, 0,5 bis 1 Sekunden langen Tönen in wechselnder Lautstärke geweckt. Erste Ursachensuche in der Elektrik, es klingt nämlich wie ein flatterndes Relais. Nach totaler Stromabschaltung schnarrt es aber fröhlich weiter, kommt von unten aus dem Wasser. Man hört es nur unter Deck, draußen ist es völlig ruhig. Wir beschließen, daß das wohl eine Gruppe irgendwelcher Meeressäuger mit ihren Ortungssignalen sein muß. Nach etwa einer Stunde ist der Spuk vorbei.
Tags darauf folgt die 20- Meilen-Fahrt nach Les Saintes. Die Segelbedingungen in den zwei Tagen sind ungewohnt angenehm, 12-15 Knoten Wind und fast keine Welle, meist unter 1 Meter. Das sind fast adriamäßige Verhältnisse. Die Windrichtung allerdings auch: Nordnordost, also wieder einmal hart am Wind. Wenigstens ist das bei dem relativ schwachen Wind nicht schlimm. Die Les Saintes sind eher felsig, spärlicher bewachsen und wirken eher kroatisch als karibisch. Hier ankern wir in der relativ kleinen Bucht Anse Fideling, einer der wenigen Plätze hier ohne Bojen zum frei Ankern bei ruhigem Wetter.
Die Fahrt nach Guadeloupe, Westküste, nach Pigeon Island ist auch recht angenehm, bei 10-15 Knoten Rückenwind und wenig Welle geht sogar Butterfly-Segeln. Pigeon Island soll laut Segelführer ein tolles Schnorchel- und Tauchgebiet mit gutem Ankerplatz sein. Dort angekommen ist der sehr kleine Ankerbereich vollgestopft mit Privat-Bojen, und es ist ein halber Meter Schwell bei Windstille. Alle Boote pempern hin und her wie verrückt. Am Strand geht gleich die Straße entlang, riesen Busparkplatz, Touristen-Ausflugsboote alle paar Minuten. Eigentlich wollten wir hier etwa eine Woche bleiben. Wir beschließen aber gleich morgen in aller Früh hier wieder wegzufahren, zurück nach Les Saintes. Hier jedenfalls muß man nicht gewesen sein.
Die Baumstütze, die schon längere Zeit angerostet war, hat den Vorwindkurs nicht überstanden und ist abgebrochen. 500Euro kostet so ein Trumm, 3 Alu-Röhrln und eine Stahlfeder, und rostet einfach ab. Wie alles Schiffsmaterial sauteuer und nur von miesester Qualität. Dass man Alu und Stahl bei Salzwasser nicht so ohne Weiteres zusammenbringen soll, haben die sicher nicht gewusst…. Die Reparatur nimmt den ganzen Nachmittag in Anspruch, wir schneiden etwa 5cm Alu-Rohr heraus.
Die Fahrt zurück sollte laut Windvorhersage unter Maschine bei Windstille erfolgen. Die „Windstille“ bewegt sich dann zwischen 12 und 23(!) Knoten von Ost, also genau dagegen. Die meiste Zeit aber bläst es mit unter 15, was zum aufkreuzen dann gar nicht so schlecht ist. Auf den Les Saints zurück nehmen wir uns eine Boje für eine Woche. Im Wald vor unserem Bojenplatz campiert eine Schulklasse, ein Schulprojekt mit Aussetzung einer Solarboje zur Unterstützung des Korallenwachstums. Alle haben blaue T-Shirts an, wir wähnen uns in Schlumpfhausen. Trotz der erschreckenden Anzahl von ca. 25 pubertierenden Halbwüchsigen hält sich die Lärmbelästigung abends überraschend sehr in Grenzen.
Wir wandern am Sonntag die gesamte Insel Terre de Haut ab, das sind etwa 2km Straße in jeder Richtung. Man kann hier allerdings auch Elektro-Autos, Golfcars, für 70Euro(!) am Tag mieten, und die sind trotzdem immer ziemlich ausgebucht. Wir kommen auch in die östlichen Buchten der Insel, die sind zum Befahren mit Yachten sowieso gesperrt, da kommen wir nur von Land aus hin. In der Stadtbucht der Insel liegen heute die beiden Kreuzfahrtschiffe „Sea Cloud“ und „Sea Cloud II“ aus Malta vor Anker. Es sind 4, bzw. 3-mastige Rahsegler, die dann trotzdem natürlich mit Maschine fahren und gewaltig schwarzen Dieselruß ausblasen.

5.12. Weihnachten bis Neujahr

Wegen des starken Windes ist es draußen am Ankerplatz vor Ste.Anne doch ein wenig ungemütlich geworden. Von vorne gibt es giftige Windwellen, und hinten rauschen die Wasserskiboote vom Club Med vorbei und erzeugen Gegenwellen. Zum Baden ziemlich ungeeignet. Wir verlegen uns zurück hinein in einen äußeren Teil der Bucht von Le Marin. Hier ist trotz des Mangrovenwaldes das Wasser einigermaßen klar zum Baden, aber vor Allem ruhig!
Wir ankern neben Wolfgang und Christiane von der „Libertina“ zwischen zwei Riffen. Sonst noch einige weitere deutsche Boote rundum, die meisten kennen wir schon. Hier fährt kaum jemand herein oder raus. Die Einfahrt ist ein bisschen knifflig und vom Ankerplatz ist es dann doch recht weit zum Supermarkt und zu den Lokalen. Dafür ist es sehr ruhig. Ein französisches 50-Fuß-Stahlboot gesellt sich vor Weihnachten dazu, man läßt den Anker fallen und verläßt das Schiff für drei Tage. Dieses macht sich dann langsam selbständig auf die Reise durchs Ankerfeld und rutscht in den drei Tagen um mindestens 6 Bootslängen zurück, ohne jedoch jemanden zu gefährden, auf eine Sandbank zu. Bei ihrer Rückkehr scheint die Besatzung nicht sonderlich beeindruckt oder gar beunruhigt zu sein. Die hängt einfach ein paar Fender raus und verschwindet wieder. Bis zur Sandbank sind es ja nochmals 6 Bootslängen…. Ziemlich cool. Oder doch verrückt?
Wir haben für Silvester eingekauft, Grillzeugs und Sekt zum Anstoßen. Eigentlich wollen wir den Abend am Schiff verbringen, obwohl in den umliegenden Lokalen überall Silvestermenus angeboten werden. Aber das ist uns fast zuviel Rummel, und außerdem steht noch gar nicht fest, ob wir überhaupt bis Mitternacht aufbleiben werden, im Vorjahr haben wir es nicht geschafft. Dann Planänderung am Vortag zu Silvester: wir werden zusammen mit der „Libertina“ auf dem daneben ankernden Katamaran „Fradolin“ von Frank und Dorothea zum Fondue eingeladen. Unser Silvestermenue vom Grill wird daher um einen Tag vorgezogen. Da sind wir doch flexibel!
Am gleichen Tag abends kommt noch ein dicker Brummer hereingefahren und ankert unweit von uns. „Ecstasea“ steht drauf, und Wikipedia weiß: das Ding ist 86m lang, 12m breit, und wurde vom Herrn Roman Abramovich (wem sonst?) für 200 Mio. Dollar in Auftrag gegeben. Es war eines der kleineren(!) Schiffchen in dessen Flotte. Dafür aber das schnellste: zusätzlich zu den 13.000 Diesel-PS kann man da eine kleine 30.000-PS-Gasturbine anwerfen. 43.000 PS für 36 Knoten Topspeed. Das würde so mancher Sportbootfahrer gerne können wollen. Jetzt gehört die Kiste irgend einem pakistanischen Multimilliardär, der seine Kohle sicher auch auf ganz ehrliche Weise mit harter Arbeit verdient. Foto gibt’s davon keines, weil am nächsten Tag morgens ist Ecstasea wieder verschwunden.
Für das Silversteressen wurde so reichlich eingekauft, dass für den Neujahrstag sich noch ein kleines gemeinsames Abend-Restlessen ausgeht. Am Neujahrstag schüttet es fast durchgehend, daher wird der geplante Spaziergang nach Ste.Anne zum Eisessen um einen Tag verschoben.
Inzwischen sind auch unsere Freunde Veronika und Robert von „Seven Seas “ aus dem Süden kommend hier eingetroffen und berichten von sehr windigen Überfahrten mit hohen Wellen und beschädigter Genua. Da haben wir wohl in der Zwischenzeit draußen nix versäumt.

5.11. leider nicht mehr unterwegs nach Norden

Startermotor defekt! Wir spendieren der Sch…Maschine einen pipifeinen Ölwechsel, und die dankt es uns mit einem zerbröselten Starter-Ritzel. Etwa 15 einzelne Zähne fallen hinten in den Motor rein, und sollen dort nicht unbedingt liegenbleiben! Also Maschine vom Saildrive abflanschen, nach vorne ziehen, Schwungrad ausbauen, Zähne nachfeilen, zusammenbauen, Maschine zurückschieben, neuen Startermotor einbauen. 2 Tage Arbeit mit einem professionellen Mechaniker im Motorraum mit Null Platz rundum macht einmal locker 980 Euro, dabei haben wir nicht einmal Original-Ersatzteile verwendet, sondern günstigere Nachbauteile. Zusammen mit der 200-Euro-Ersatzbatterie kratzen wir diesen Monat an der Grenze zum nicht-mehr-lustig sein. Alle Bootfahrer müssen Millionäre sein. Alle anderen zumindest.
Da die blöden Christmas-Starkwinde angekündigt sind, und auch tatsächlich kommen, so mit dauernd über 25 Knoten, fährt hier zur Zeit niemand raus. Der Hafen ist bummvoll, der Ankerplatz vorm Hafen auch. Wir ankern trotzdem draussen, weil das Wasser dort ein bisschen klarer ist als die widerliche Hafenbrühe, um die nächste stürmische Woche dort auszusitzen. Nebenbei tolles karibisches Wetter mit Regenschauern etwa zu jeder vollen Stunde. Der viele Regen findet seinen Weg durch ein paar neue Montagebohrungen, die der Segelmacher für das neue Verdeck gebohrt, aber leider nicht abgedichtet hat. Im Salon bildet sich aus dem Bezug der Deckenverkleidung ein hübscher, tropfender Wassersack. Genau über dem Computertisch. Bootfahren ist einfach Spaß ohne Ende.
Eigentlich aus Langeweile und ohne Aussicht auf Erfolg, weil hier noch nie was gefangen, hänge ich nachmittags die Angelleine raus und vergesse sie. Als es dann stockfinster ist und das Beiboot hinten schon hochgehievt, beißt ein Hornhecht an. Beim Einholen des Fangs gibt es dann doch ein bisschen Chaos im Finsteren und mit der verhedderten Angelleine im Beiboot, aber letztlich landet das Fischlein doch gepuzt und zerlegt im Kühlschrank fürs morgige Essen.
Inzwischen ist klar, dass wie hier tatsächlich noch länger bleiben müssen – wetterbedingt. Man hört von einigen Schiffen, die draussen in gröbere Bedrängnis gekommen sind. Deshalb fährt hier aus dem geschützten Le Marin auf Martinique kaum jemand weg, der nicht unbedingt muss. Im Gegenteil, es kommen immer mehr uns bekannte Schiffe hier an, inzwischen ist schon wieder eine beträchtliche Runde aus befreundeten Seglern hier. Alle verbringen hier Weihnachten und werden wohl auch bis nach Sylvester bleiben. So wird’s wenigstens nicht fad beim Warten. Heute ist Weihnachten, und wir werden den Tag mit gemütlichem Grillen am Schiff verbringen.

5.10. Unterwegs Richtung Norden

Vorläufig bleiben wir doch länger als geplant in Grenada. Die Vorhersage bietet nur ganz schwachen, unregelmäßigen Wind, lange Flauten und häufige Gewitter. Keine guten Bedingungen für eine Fahrt Richtung Norden. Also bleiben wir noch hier, treffen fast jeden Abend zur Happy Hour Freunde zum Bier in der Whisper Cove Marina und lassen die Zeit vergehen. Eine Einladung von Michi und Sabine auf die „Windward Star“ zum bayrischen Abend mit Hackbraten, Erdäpfelsalat, Laugenbrezen und ein wenig Bier erweist sich als Herausforderung. Danach können wir kaum schlafen, so vollgegessen sind wir. Ab und zu können wir uns gegenseitig helfen, so sind wir beim Maststellen bei Michi dabei und helfen Wolfgang von der SY Lili beim Abschlagen der Segel, bevor er aufs Land geht. Zwischendurch gibt es einmal eine nette Strandparty auf Hog Island, mit Bier, Rum und Livemusik auf einer windschiefen, halb im Wasser versunkenen Bühne. Sehr gute Stimmung, karibisch, so soll es eigentlich sein. Unerfreulich ist ein Einbruch auf einem amerikanischen Schiff in der Bucht, die Diebe werden zwar bald gefasst, aber ein unangenehmes Gefühl bleibt doch, wenn man das Boot abends verlässt.
Zweimal die Woche fahren wir nach St.Georges zum Einkaufen. Die Busverbindung ist zwar ganz gut, aber etwas mühsam ist es doch, dass es keine Einkaufsmöglichkeiten direkt in der Ankerbucht gibt.
Die zweite Fullmoonparty ist musikalisch nicht so toll wie es die erste war. Dass wir sie überhaupt noch besuchen können bedeutet jedoch: wir hängen jetzt schon 5 Wochen hier rum, statt der geplanten 2! Es wird höchste Zeit zum Weiterfahren.
Die Entscheidung zum Losfahren fällt auf den 16.November. In 2 Tagesetappen wollen wir nach Bequia. Der erste Tag ist ganz gut zum Segeln, zwar viele lokale Regenschauer, aber den meisten können wir ausweichen, oder sie ziehen knapp an uns vorbei. Ein paar Mal erwischt es uns aber doch. Insgesamt aber ein guter Segeltag. Nach einer ruhigen Nacht in Carriacou haben wir am zweiten Tag dann Nordostwind. Genau dagegen mit 3-8 Knoten. An Segeln ist nicht zu denken. Also stundenlang motoren. Regenschauer bleiben gleich häufig, nur, dass uns heute jeder einzelne erwischt. Und sonst noch? Das blöde Ankerlicht geht schon wieder nicht, und der Radarreflektor fällt vom Mast, knallt aufs Deck und zerschellt. Super Tag!
Nach öder Motorfahrt und mehreren Schauern kommen wir abends bei stömendem Regen und Gewitter in Bequia an und ankern. Der nächste Tag ist wieder freundlich, mit Sonne und klarem Wasser. Das Mangrovenwasser in Grenada war sehr trüb und schwebstoffreich. Das Meereszeugs wächst schon wieder fleissig unterm Schiff. Besonders die Ankerkette ist mit einem zentimeterdicken Bewuchsmantel überzogen und stinkt nach altem Fischkutter. Vom Ankerkasten ausgehend stinkt das ganze Schiff bald ebenso. Die erste Aktion in Bequia ist daher: Ankerkette schrubben.
Am selben Tag kommt dann noch die „Tifricat“ daher. Gitti und Fritz sind zugleich mit uns losgefahren, wollten aber eigentlich gleich bis Nevis durchfahren. Das Mistwetter von gestern hat sie aber dann doch auch hier hereinrein getrieben. Die „Windward Star“ mit Michi und Sabine, die den gleiche Route wie „Tifricat“ hätte, kommt auch noch herein, und so wird am Abend Gittis Geburtstag mit einem guten Abendessen im Portshole Restaurant gefeiert.
In Bequia lassen wir unser Verdeck, Sprayhood und Bimini, neu machen. Der Segelmacher hier wurde uns empfohlen. Ziemlich viel Geld für ein bisschen Zelt, aber spielt keine Rolle, Bootsbesitzer sind ja sowieso alle mindestens Millionäre. Gut, nach Aussage anderer Segler sei das neue Verdeck aber doch recht preiswert. Einziges Problem: Der Segelmacher hat kein Boot. Er und seine Gehilfen müssen jedes Mal mit unserem Dinghi abgeholt und zurückgebracht werden. Und das auch 2x am Tag. Mit unserem 5-PS-Beiboot eine mühsame, lange Fahrt. Die erste Bewährungsprobe erfolgt gleich am zweiten Tag: ein Tölpel hat sich auf unserer oberen Saling niedergelassen ung kackt aus ca. 7m Höhe aufs neue Verdeck. Flitzekacke. Weiss gesprenkelt auf Pazifikblau. Super. Lässt sich aber, weil neu und imprägniert, ganz gut abwaschen. Nebenbei regnet es jeden Tag, einmal schüttet es sogsar zwei Tage lang ohne Unterbrechung. Natürlich genau während wir kein Verdeck am Schiff haben.
Nach 2 Wochen können wir endlich Richtung Martinique starten. Die Wettervorhersage verspricht Ostwind mit 12-15 Knoten. Gut für uns. In echt ist es dann Nordostwind mit 20-25. Schlecht für uns. Sehr hart am Wind, mit steiler 1m Welle von vorne kämpfen wir 22 Stunden dagegen an. Es ist ein Gerüttel und Gezerre, die Segel knallen, der Bug taucht oft unter. wir verlieren unterwegs 2 Segellatten, die es einfach herausschüttelt.
Hier in Martinique werden jetzt umfassende Provianteinkäufe gemacht. Hier gibt es Vieles, und das zu vernünftigen Preisen. Der bei Seglern berühmte Supermarkt „Leader Price“ in Le Marin mit eigenem Beibootanlegesteg, enttäuscht jedoch völlig: Bier seit letzem Samstag ausverkauft und soll erst nächsten Samstag neu kommen! Unvorstellbar! Ein paar Reparaturarbeiten stehen an. Ölwechsel ist fällig. Dabei zerfällt die Absaugpumpe in 3 Teile und das ausströmende alte Öl richtet eine Riesensauerei am Fußboden an. Außerdem Segellatten ersetzen, defektes Ankerlicht tauschen (wieder einmal auf den Mast rauf, fein!), Radarreflektor erneuern, und die alte Servicebatterie ist auch wieder hinüber. Genug Gelegenheiten also zum Geld ausgeben. Nur nicht für Bier.

5.9. zurück in Grenada

Es war ein sehr schöner Sommer in Österreich für uns. Wir haben viele Badetage im Garten am Schwimmteich genutzt, haben viele Freunde besucht, viel erzählt, Fotos gezeigt und das bequeme Leben zuhause genossen. Auch ein paar Vorbereitungen für die Rückkehr wurden getroffen: Beschaffung eines US-Visums, und Einkauf von ein paar Dingen zum Mitnehmen. Viel geht ja beim Fliegen eh nicht, aber ein paar Lebensmittel, die wir hier gar nicht mehr kriegen  haben wir besorgt.
Am Tage des Abfluges aus Wien hat es 2 Grad Celsius in der Früh, das macht den Abschied ein wenig leichter. In London übernachten wir bei 17 Grad, und fliegen am nächsten Tag 10 Stunden nach Grenada. Im Flieger ist es auch nicht wärmer, und beim Aussteigen in Grenada hat es dann schlagartig 35 Grad.
Der Hurrican „Matthew“ war beim Vorbeizug hier vor rund einer Woche zum Glück noch schwach und hat keine Schäden hinterlassen. Wir verbringen die nächsten 5 Tage in der Werft beim Streichen des Unterwasserschiffes und beim Herrichten einiger Kleinigkeiten. Es ist furchtbar heiß, sehr feucht, es regnet oft, und keine Versorgung in der Werft, kein Restaurant, keine Getränke, da alles noch Baustelle ist. Um Getränke zu kaufen muss mann 30min zu Fuß gehen. Wenigstens 2 Duschen und ein Wasseranschluss auf dem Werftgelände funktionieren, meistens jedenfalls. Wir sind sehr froh, dass wir nach fünf Tagen einen vorgezogenen Krantermin bekommen und damit deutlich früher ins Wasser können, als ursprünglich geplant war. Das Wohnen am aufgebockten Schiff im Trockenen ist schon sehr unangenehm. Nicht weit von uns liegt der Franzose Christophe, mit dem wir allabendlich das staubige Werftgelände verlassen und auf ein Gute-Nacht-Bier in die nächste Bar marschieren. Mit dabei auch die Deutschen Thomas und Inge von der „Saga“.
Wir bleiben vorläufig hier in der Woburn Bay, ankern neben „Tifricat“ mit Gitti und Fritz, sowie „Selivra“ mit Peter und Doris. Kleine Österreich-Ecke. Alle paar Tage gibt es ein kleines Fest in irgendeinem naheliegenden Lokal, mit Live-Musik, Barbeque, Bier und Rum und jeder Menge Segler, wobei man immer wieder die selben bei jedem Fest antreffen kann. In der morgendlichen Funkrunde werden die Veranstaltungen des Tages bekanntgegeben, und man kann Dinge zum Verkauf anbieten, oder Dinge zum Kauf suchen. Es gibt regelmässig Yoga, Taj Chi, Leserunden, Dominoabende, Ausflüge usw. Alles von den hier liegenden Seglern füreinander organisiert. Inzwischen haben wir schon wieder ziemlich viele Seglerkollegen kennengelernt, hauptsächlich Deutsche. Die Ösi-Runde ist gleichgeblieben, nur der England-Österreicher Alex hat sich noch dazugefunden. Wir machen etwa alle 4 Tage eine Busfahrt in die Stadt zum Einkaufen, zwischendurch Wanderungen in der Umgebung. Die restliche Zeit wird mit Baden und entspannen verbracht, immer wieder gibt es Kleinigkeiten zum Reparieren. Dass einmal alles komplett funktionieren würde, das gibt’s einfach nicht. Irgendwas ist immer gerade hin. Es wird nie fad.
Mit Anfang November werden wir dann langsam aufbrechen, Richtung Norden, die ganzen Kleinen Antillen entlang hinauf bis…. Wir wissen noch nicht genau, wie weit.

5.8. Grenada & Carriacou

Langsam nähern wir uns dem Ziel für die heurige Saison, Grenada. Zuvor erreichen wir aber Carriacou, etwas nördlich davon. Nach 10 Meilen recht angenehmer Überfahrt bei 20 Knoten Halbwind ankern wir in der Tyrrel Bay. Hier ist es ziemlich voll. Der Officer beim Zoll nuschelt so unverständlich, dass er wahrscheinlich selbst nicht versteht was er sagt, und die offensichtlich nicht ganz ausgelastete Sekretärin hat Mühe, nicht einzuschlafen und vom Stuhl zu fallen. Die putzige Marina dort hat 3 Wasserliegeplätze am Steg, und etwa 20 Landliegeplätze. Wir hatten dort um einen Liegeplatz über den Sommer angefragt, erhielten aber eine Absage, weil die Marina ausgebucht ist. Der Ankerplatz vor der Marina ist halbwegs ruhig, ohne Schwell. Der ungewöhnlich starke Dauerwind jedoch ist sehr unangenehm. Es hat fast immer um die 20 Knoten. Zum Baden, Beibootfahren, oder auch nur an Deck zu sitzen und zu essen ist höchst ungemütlich. So ein konstanter und starker Passatwind hätte uns bei der Atlantiküberfahrt gepasst, anstelle von dem tagelangen, müden Herumgefurze. Jetzt, wo die Saison eigentlich vorbei ist, bläst es aus allen Rohren als gäb’s kein Morgen. Hoffentlich wird das bald einmal besser. Wir steigen in Carriacou ein bisschen auf den Bergen rund um die Tyrrel Bay herum. Von oben gibt es eine gute Aussicht auf beide Inselseiten. Außer Herumwandern bietet die Insel keine besonderen Sehenswürdigkeiten, und das Wandern ist auch mühsam. Es ist Frühling, hier das Ende der Trockenzeit (haha!, es regnet, wie in der gesamten Karibik bisher auch, ein paar Mal täglich), und der niedrige Buschwald ist zur Zeit fast blattlos. Also Wandern in schattigen Regenwäldern ist hier nicht. Eine Busfahrt nach Hillsborough durchs Landesinnere zeigt ein bisschen mehr grün als an der Küste. Sogar ein paar Anbauflächen haben wir gesehen, derzeit wächst aber noch nichts. Das Städchen ist gammelig und dreckig, wie alle Städte hier. Es gibt viele aufdringliche Straßenverkäufer, und auch einfach nur Schnorrer. Obst und Gemüse sind unverschämt teuer, Fleisch in den Supermärkten nur gefroren und wahrscheinlich schon öfters angetaut, teures Bier gibt es nur in lächerlichen 1/4l Fläschchen. Der Wind wird deutlich stärker, immer um die 25 Knoten, sodass nicht einmal mehr Baden vom Schiff aus lustig ist. Es regnet jede Nacht mindestens einmal, und auch tagsüber immer wieder kurz. Langsam habe ich die Nase voll von den südlichen Windward-Islands. Da ist kein cooles Karibik-Feeling mehr. Nur ununterbrochener Sturm. Seit fast zwei Wochen Starkwind. Tag und Nacht, keine Sekunde Ruhe. Es heult und scheppert immerzu. Der etwas lautere Windgenerator am Nachbarboot klingt wie ein startendes Flugzeug. Ich will hier weg. Schnell. Die Ankermöglichkeiten sind Kacke und das Wetter erst recht.

Wir warten ein Nachlassen des starken Windes ab, und als es laut Vorhersage soweit ist, lässt der Wind gleich so stark nach, dass es zum Segeln schon wieder fast zu wenig ist. Es geht sich aber gerade noch aus, und wir segeln die 30 Meilen nach Grenada in etwas mehr als sieben Stunden. Grenada ist wieder deutlich grüner als die zuletzt besuchten Inseln. Hier wächst wieder dichter Wald auf den steilen Berghängen. Wir sehen wieder Bananenstauden, Mangobäume, und grüne Grasflächen. Wie z.B. der Fußballplatz von Grand Mal Bay: Grünfläche, im Abstand von 10m Schafe angebunden, die den Rasen kurz halten, abends für’s Fußballtraining werden die Viecher vorübergehend am Rand abgestellt, und die Platzbeleuchtung eingeschaltet. Der Rest vom Ort ist wenig interessant, er wird von einem Gas/Öllager dominiert, das zwar wenig schön aussieht, aber wenigstens keinen Lärm macht. Erfreulicherweise gibt es hier keine aufdringlichen, Bootsverkäufer mehr, die morgens um halbsieben ans Boot klopfen und wieder irgendwas verkaufen wollen, das wir schon die Tage davor mehrmals abgelehnt haben.
Die Stadt St. George schaut recht nett aus, an steilen Hängen rund um eine Lagune gebaut, und ist nicht so karibisch wie die bisher gesehenen, wirkt eher ein bisschen britisch. Wir ankern gegenüber der Stadt vor einem schönen und völlig ruhigen Strandabschnitt mit einem tollen Park dahinter am Berg. Das hätte einmal ein riesiger Hotel & Luxuswohnungskomplex werden sollen, zum Glück ist aber das Geld vorher ausgegangen. In der Stadt ist es auch eher unkaribisch hektisch. Mindestens jedes dritte Auto ist ein Kleinbus, längstens alle 10 Sekunden fährt einer vorbei, und bei einem derartigen Überangebot an Bussen müssen die Fahrer um die Kunden kämpfen. Jeder Bus hupt jede Person auf der Straße an, es könnte ja jemand mitfahren wollen. Aus jedem Bus brüllen die Keiler auf uns ein, und wollen uns klarmachen, dass wir jetzt dringend genau diesen Bus brauchen. Auch wenn wir eigentlich zu Fuß in der Gegenrichtung unterwegs sind. Egal wohin man geht, die Busfahrer wissen besser, wo wir gerade hin wollen sollen.  Die sind hier aufdringlicher als anderswo Straßen- oder Bootsverkäufer. Ebenso die Taxis, das sind eigentlich die gleichen Fahrzeuge, fahren aber halt nicht auf Linie und sind dafür viel teurer. Die Taxifahrer bieten dazu noch alle möglichen Sightseeing und Wandertouren an, natürlich professionell geführt, Alleskönner halt.
Zur Zeit gibt es Mangos halbwegs erschwinglich, daher ist die Obstlose Zeit zu Ende, und wir genehmigen uns jetzt täglich einen Obstsalat aus Mango, Bananen, Rosinen und einem Schlückchen Rum zur Verfeinerung. Zum Frühstück gibt es meist eine Maracuja, hier halbwegs preiswert und wohlschmeckend. Anderes Obst ist unbezahlbar, Äpfel oder Birnen z.B. bekommt man um ca. 1€ je Stück! Papayafrüchte wären auch noch leistbar, sind aber leider  ziemlich ohne Geschmack.

Die Regenzeit setzt ein. Es regnet jetzt täglich 10 Mal und mehr, auch oft ausgiebig und lang. Leider kann man nachts keine Fenster öffnen, weil es sicher ein paar Mal regnet. In den Regenpausen ist es extrem schwül. Es trocknet nichts mehr auf. Die Sonne scheint kaum noch, die Batterien sind leer, keine Solarladung mehr. Auch Ausflüge wollen bei dem Sauwetter gut überlegt sein. Wir machen einen per Bus ins Land zu einem Kratersee. Während die Busse in der Stadt sich gegenseitig im Weg herumstehen und im 15-Sekunden-Takt fahren, ist die Buslinie von St.George nach Grenville eher dürftig versorgt. Der Bus fährt erst los, wenn er randvoll ist, etwa jede halbe Stunde fährt einer ab. Unterwegs steigt fast kaum jemand aus, weil da ist nur Gegend und Regenwald. Wir steigen aus, weil der Kratersee genau dort auf halber Strecke liegt. Das Zurückfahren wird dann spannend, weil alle Busse aus zuvor beschriebenem Grund voll sind. Erst der vierte hat Plätze frei. Die Regenwaldwanderung um den Kratersee ist nett, aber nichts Neues mehr. Der Regenwald ist überall gleich. Neu ist ein riesiger schwarzer Schmetterling, der uns eine Zeit lang begleitet, und Kolibris, die neugierig auf 1/2 Meter heranschwirren, sodass man ihren Luftzug spüren kann. Die Berge rundum verschwinden alle im Nebel, es ist nass, aber angenehm kühl in 500 Meter Seehöhe. Es gibt Moskitos hier, aber trotz der hohen Feuchtigkeit im Regenwald eigentlich überraschend wenige.
Nach einer Woche bessert sich das Wetter trotz mieser Vorhersage, und wir wagen einen zweiten Ausflug zu den Annandale Falls. Der Wasserfall ist von den vielen auf Grenada für uns am leichtesten zu erreichen. Es sind bloß 10 Minuten zu Fuß von der Bushaltestelle. Bis man jedoch dort ist braucht es einen wahren Spießrutenlauf durch widerliche Aufdringlichkeit: erst an einer leeren Bar vorbei. Man wird trotz demonstrativem Desinteresse vollgelabert, doch reinzukommen. 10m später ein Getränkestand, wo man natürlich denkt, dass wir unbedingt was trinken wollen müssen, nachdem wir grade die Bar links liegen gelassen haben. Nächstes Hindernis ist ein Mann, der einen Affen präsentiert, der sich für Fotos auf Touristenschultern setzt. Für Geld natürlich. Beeindruckend. Wir machen ein Foto vom Affen, ohne Schultersitzen und ohne Geld. Wieder keinen neuen Freund gewonnen. Dann ein Schmuck- und Souvenierladen mit tollen Gewürzketten für Küche und Bad(?!?), wie uns die Verkäuferin unaufgefordert erklärt. Auf den letzten Metern zum Wasserfall begleitet uns dann auch noch ein Gitarrenspieler, der aber außer blödem Gelaber keinen Ton von sich gibt, wenn er kein Geld sieht. Macht nix, wir brauchen für einen Waldspaziergang eh keine Musikbegleitung. Direkt am Wasserfall dann noch 2 Burschen von der „Grenada Jump Association“, die würden für Bares vom 10 Meter hohen Felsen ins Wasser springen. Wahnsinnig interessant! Kein Tourist in den folgenden 3 Stunden will dafür bezahlen. Das Geschäft brummt wohl doch nicht so. Nach Überwindung der 6 Herausforderungen gelangt man in Level 7: der eigentliche Wasserfall.
Für knapp 2 Euro Eintritt kann man dann dort unterm Wasserfall baden und einen Rundgang durch einen netten Schaugarten machen. Dort wachsen Mangobäume (ein ganzer Rucksack voll Beute), Barbados-Kirschen (kirschenähnlich),  Ananas (leider noch zu klein), Kaffeepflanzen (noch komplett unreif) und Kakaobäume (reif, aber in den kleinen mitnehmbaren Mengen nicht praktisch), und verschiedenste Kräuter. Das ausgiebige, erfrischende Bad im kühlen Süßwasserpool unter dem Wasserfall ist den Eintritt dann aber auf jeden Fall wert. Die 6 Schwierigkeitsgrade zuvor sind Zugabe. Bei einigen hat man dann sogar beim Rausgehen noch einmal Gratisspaß….

Die letzte Strecke für diese Saison von St.George in die Clarkes Court Bay ist 12 Meilen lang. Weil wir segeln, und wie üblich gegen den Wind aufkreuzen müssen,  werden es letztendlich 20 Meilen. Zu 18 Knoten Gegenwind kommen noch gut 2 Knoten Gegenstrom, der Wendewinkel von 155 Grad ist jämmerlich, während den Wenden fahren wir im Strom auch öfters mal 15m rückwärts über Grund. Fünf weitere Boote, die in die gleiche Richtung fahren, laufen alle unter Maschine. Warmduscher! Wir haben den ganzen Tag Zeit, die Wellen sind nicht hoch, daher macht es trotz Gegenwind und Strom sogar Spass. In der Bucht vor dem Landliegeplatz treffen wir Birgit und Bernd von der „Rebell“ wieder, und lernen neue österreichische Segler kennen, den Steirer Hans Peter von der „Selivra“ und die Tiroler Franz und Anna mit Tochter Milena von der „Scorpio“. Weil hier viele Segler „übersommern“ gibt es eine richtige Seglergemeinschaft mit morgendlicher Funkrunde, Ausflügen und Grillabenden. Wir ankern vor der Clarkes Court Marina und bereiten das Boot zum Kranen vor. Wir werden dort 4 Monate draußen liegen, inzwischen nach Hause fliegen und im Oktober wiederkommen.Das Gelände mit unserem Landliegeplatz ist gerade mitten im Umbau, die volle Baustelle, noch ohne Wasser und Strom. Wir hoffen, dass diese Dinge bis Oktober fertig und in Betrieb sind. Dann werden wir Antifouling streichen und kleinere Instandsetzungen machen.
Das Herausheben des Bootes ist abenteuerlich. Der erste Versuch mit einem großen Slipwagen am Traktor scheitert weil das Boot sich im unruhigen Wasser nicht genau genug positionieren läßt. Der zweite Versuch mit dem 242 Tonnen Riesenkran ist auch schwierig, weil der fast zu groß ist für unser Boot. Es gelingt aber, und wir liegen an einem guten Platz an Land. Die Bootsunterseite wird von einem dicken Pelz von Bewuchs mittels Hochdruckreiniger befreit, und wir reinigen alles Mögliche vom Seewasser, spülen den Seewasserkreislauf der Maschine und auch den Beibootmotor mit Süßwasser durch und verstauen alles was an Deck so herumsteht, inklusive Abbau aller Verdecke und Segel. Vier Tage wohnen wir noch an Land am Boot, dann gehen unsere Flüge über London nach Österreich. Während wir in den letzten Tagen drauf achten, unsere verderblichen Lebensmittel aufzukochen, haben die Gelsen hier jede Nacht ein Festessen. Die sind hier am Land in der Mangrovenbucht-Marina in der Überzahl und unerträglich. Hunderte schwirren abends und nachts um unsere Köpfe, unser Autan ist denen vollkommen wurscht, und ein hiesiges wirksames Giftzeugs konnten wir noch nicht besorgen. Wir freuen uns auf Zuhause.

5.7. St.Vincent & Grenadinen

St.Vincent – Bequia – Canouan – Tobago Cays – Mayreau – Union Island

Erstes Ziel ist nicht die Hauptinsel St.Vincent. Dort gab es vor Kurzem einige Überfälle auf Schiffstouristen, daher wird die Insel zur Zeit von diesen eher gemieden. Wir fahren über Nacht daran vorbei, gleich weiter nach Bequia. Die Abschnitte zwischen den Inseln gehen ganz gut, es ist etwas mehr Wind als angekündigt, die Welle ist aber nicht ungut. Wir kommen gut voran und können „Seven Seas“ ein paar Meilen abhängen. Hinter St. Vincent allerdings fallen wir in ein komplettes Windloch und stehen dort für 2 Stunden bewegungslos herum. „Seven Seas“, die ein paar hundert Meter weiter außen fährt, hat weiterhin leichten Wind und holt uns wieder ein. Zuletzt kommen wir dann auch zugleich mitten in der Nacht in Bequia an. Der Plan, den Fast-Vollmond für die Ankunft zu nutzen, geht voll in die Hose, weil kurz vor dem Ziel eine superfette Wolke aufzieht und das Ankermanöver daher im Stockdunkel mit Nieselregen stattfindet. Ich liebe das karibische Wetter.

Bequia:
nördlichste Insel der Grenadinen, mit großer Korallensandbucht zum Ankern. Hier ist verboten: Camouflage-Kleidung (sonderbar) und Fahren mit Jetskies (großartig!) Die Insel ist sehr touristisch, mit vielen Ressorts, aber die sind eher unaufdringlich. Es ist hier viel trockener als auf allen bisher besuchten Inseln, auch wenn es bei unserer Ankunft geregnet hat. Es gibt hier keinen Regenwald, eher ziemlich trockenes Buschwerk, das hohe Gras ist braun und vertrocknet. Überall laufen Ziegen frei herum. Wir fahren gemeinsam mit Veronika, Robert und Julian von „Seven Seas“ mit offenen Taxis (Pickups mit Sitzbänken auf der Ladefläche) an irgend ein Inselende, besuchen dort Badebuchten und Schnorchelplätze, und gehen dann zu Fuß ein bis zwei Stunden zurück. So groß ist die Insel nicht. Es gibt eine Wasserschildkrötenstation (Reparatur und Aufzucht) auf einem Ende, und ein Walfangmuseum am anderen. Hier wurden früher Wale mit kleinen Ruderbooten gejagt und harpuniert. Noch heute dürfen jährlich 4 Wale mit dieser traditionellen Technik gejagt werden. Die besuchten Schnorchelplätze in den Riffen sind weniger bunt und spektakulär als die auf Martinique. Beim zweiten Ausflug findet Veronika tolle „Abkürzungen“ über steile Bergflanken und durch dichten Buschwald ohne Wege, und sorgt so für den Abenteuer-Expeditions-Effekt. Wir kommen trotzdem wieder irgendwann abends zum Schiff zurück. Hungrig, durstig, zerkratzt, verstaubt aber lebend!
Leider muß „Seven Seas“ wegen eines Trauerfalles in der Familie frühzeitig weiterfahren, um ihre Heimflüge zu organisieren. Eigentlich wollten wir den Rest der heurigen Tour gemeinsam machen. Schade. Wir bleiben noch ein paar Tage in Bequia. Das Wetter ist gerade wieder einmal recht öde, voll bedeckt, grau, kein Sonnenstrahl, häufig kurze Regenschauer. Wenn es etwas besser wird, werden wir weiter südlich nach Canouan weiterfahren.

Die dazwischen liegende Privatinsel Mustique lassen wir links liegen. Viel gibt es dort wohl nicht zu sehen, da eben privat, von Superreichen und Prominenten bewohnt, und größtenteils nicht betretbar. Wohl aber täten sie 70Euro für 3 Tage davor Ankern kassieren wollen. Das ist es uns nicht wert. Die reichen Spinner werden auf unseren Besuch verzichten müssen. Das haben sie jetzt davon!

Canouan:
Die 20 Meilen Überfahrt ist, wie könnte es anders sein, wieder einmal nur hart am Wind möglich. Aber wenigstens ist er nicht zu stark, und es hat wenig Welle. Dafür nieselt es fast ununterbrochen leicht daher. Das karibische Wetter ist, obwohl eigentlich noch Hochsaison, absolut Dauerschei….
Die Ankerbucht von Canouan ist etwa gleich groß wie die von Bequia. Während dort etwa 50 Yachten vor Anker lagen, sind es hier bloß 4. Wo da der Haken ist, müssen wir noch herausfinden. Hier gibt es nur eine kleine Strandbar mit schrecklicher „Musik“, eine Hotelbar beim sauteuren Luxuxressort (mit 2 Gästen, haben wir am Strand und an der Bar gesehen, mehr nicht!), die erst ab 4 Uhr nachmitags aufmacht, und einen Mini-Markt, der gar nicht so klare Öffnungszeiten und auch wenig Artikel hat. Deshalb. Und weil die Tobago Cays nur eine Stunde Fahrzeit weg liegen, fahren die meisten gleich dort hin. Wir bleiben trotzdem 3 Tage hier, weil es so schön ruhig ist und finden rund um den White Rock auch ein tolles kleines Schorchelrevier. White Rock heisst er wegen seiner weissen Felsenoberseite – voller Mövenkacke. Aber gut zum Schnorcheln. Eine kleine Wanderung auf die andere Inselseite bietet uns Ausblick auf ein schönes, vorgelagertes Riff. Der Bereich ist aber leider für uns unerreichbar, da bräuchte man ein starkes Motorboot, um hinzukommen. Am Wochenende auch hier am Strand, wie überall, Gedröhne aus allen verfügbaren Monsterboxen. Jedoch kaum Leute da, die es interessiert.  Am Sonntag sollte der Wind ein bisschen schwächer werden, da wollen wir zu den Tobago Cays.

Tobago Cays:

Eine Inselgruppe, zum Atlantik hin durch einen großen Riffbogen geschützt. Ein Naturschutzgebiet, keine Bewohner, keine Geschäfte. 6 Seemeilen von Canouan entfernt, zwei Stunden gemütliches Segeln am Wind. Dann die Durchfahrt durchs Riff, links und rechts Unterwasserfelsen, und dann wird das Wasser deutlich ruhiger. Die Atlantikwellen brechen draußen am Riff, dumpfes Rauschen der Brandung, doch innen gibt es nur noch kleinere Windwellen. Die aber immer, weil der Atlantikwind natürlich ungehindert hereinbläst. Wir liegen ein bisschen geschützt hinter einer der kleinen Inseln im türkisfarbenen, 4m tiefen Wasser. Bester Ankergrund und schöner Badeplatz. Von hier aus werden wir mit dem Dinghi raus ans Riff zum Schnorcheln fahren. Ein erster Ausflug geht aber auf die Schildkröteninsel, wir sehen auch ein paar davon rundherum schwimmen, aber die sind hier sowieso überall. Auf allen Inselchen treffen wir auf Iguana-Echsen. Die hübschen Drachen sind etwa einen Meter lang. Karoline verfolgt beim ersten Schnorchelgang einen Rochen. Später sehen wir noch mehrmals welche. Draussen am Riff ist das Wasser gerade mal 2 Meter tief mit weissem reinsten Sand, und warm wie in einem Pool, und dort stehen die Korallenköpfe herum. Leider sind viele Korallen von irgend einem Hurrikan ziemlich ramponiert worden und gar nicht mehr so schön und bunt wie erhofft. Es tummeln sich aber viele grosse, prächtige Fische dort. Die wenigsten kennen wir vom Namen, aber das ist uns egal, wir genießen es, sie zu beobachten. Viele kommen auch bis auf wenige Zentimenter heran und lassen sich kaum stören. Angeln und Harpunieren ist hier verboten. Das Wasser ist vom starken Wind ziemlich ruppig, und es gibt zwischen den Korallenköpfen sehr starke Strömungen. Das Schnorcheln ist anstrengend und nicht ganz ungefährlich. Der Archipel ist von oben mit all den Inselchen, dem grünen Wasser und dem Riff ein toller Anblick und ein toller Ort zum Ankern. Das Korallenriff selbst ist ein bisschen enttäuschend. Die kleinen Korallenbereiche direkt neben den Inseln sind da wesentlich ergiebiger, mehr bunte Korallen, mehr Pflanzen, mehr grosse und kleine Fische. Am Strand schwimmt im 30cm tiefen Wasser sogar mehrmals ein kleiner Hai an uns vorbei. Mit 60 cm Länge eher herzig als bedrohlich, aber ein richtiger Hai, alles wie ein Großer, nur in Klein halt.

Mayreau:
kleine Insel 3sm westlich der Tobago Cays, noch zum Naturschutzgebiet gehörend, aber bewohnt, mit einem Dorf und ein paar Ferienanlagen. Die sind jetzt schon alle leer, die Saison ist hier vorbei, nur noch ein paar Bootstouristen sind da. Die Hotelstrandbereiche sind schön und werden geplegt und sauber gehalten, gleich dahinter beginnt die große Müllhalde. Der ganze kleine Ort ist voller PET-Flaschen, Plastiksackerln, Styroporteilen und sonstigem Zeug. Die Bewohner mittendrin, selbst in umzäunten Grundstücken liegt Müll herum, es stört anscheinend keinen. Die einzige Straße über die Insel ist etwa 5km lang und zu beiden Seiten mit Abfall gesäumt. Die Insel und die Strände sind sonst aber recht hübsch, zum großen Teil unbewohnt und mit Buschwald bedeckt. Wir wandern einen Rundweg um die Insel ab, an der unbewohnten Ostküste ist ein langer, leerer Sandstrand. An einigen stellen finden wir dort Berge von Schneckenhäusern und Seeigelschalen. Offenbar werden die dort in großen Mengen aufgefressen. Hier ist nichts los, selbst Boote kommen nur wenige. Zum Einkaufen gibt es in den zwei kleinen Märkten kaum was, die Fähre kommt nur 2 Mal in der Woche. Die Bucht ist sehr ruhig, kein Schwell, keine Stranddisco, an den Rändern schöne Schnorchelplätze. Wir nutzen die Ruhe und bleiben mehrere Tage hier. Das ist der absolut ruhigste Ankerplatz, den wir bisher in der Karibik gefunden haben, kein Lärm, wenige Boote, kein Schwell, windgeschützt durch einen Palmenwald. Leider auch kaum Versorgungsmöglichkeiten, weshalb unsere Zeit hier auch begrenzt ist.

Union Island:
Wieder eine kurze Überfahrt von 4sm und wir sind in Clifton Harbour auf Union Island. Es ist eigentlich keine Bucht, sondern der Ostzipfel der Insel, durch ein Riff und die Weiter draußen liegende Hotelinsel Palm Island  geschützt gegen den Atlantikschwell , aber völlig offen für den Dauerwind von 20 Knoten, also 37kmh. Das ist wie Mopedfahren, Tag und Nacht, keine Sekunde Ruhe. Es heult und rüttelt immerfort. Die Windallergie kommt wieder. Der Ankerplatz ist sehr unruhig, wenig Platz im Riff, viele Ankerbojen und dazu aufdringlichste Bojen-und-auch-sonst-alles-Verkäufer. Einer verfolgt uns von ganz draußen bis noch nach dem Ankern 20 Minuten lang und labert uns voll, was er uns alles verkaufen könnte: eine Boje, Wasser, Diesel, Boje, Taxidienst, Eis, Boje, und obwohl wir bereits ankern, eine Boje. Erst als wir nicht mehr antworten und ihn völlig ignorieren, zieht er ab und nervt das nächste Boot. Ein norwegisches Boot, das vor einigen Tagen aus Mayreau neben uns liegend in Richtung Union Island ausgelaufen war, kam nach einigen Stunden zurück nach Mayreau. Jetzt wissen wir, warum. Hier werden wir auch nur fürs Einkaufen und Ausklarieren bleiben, und dann auf die Westseite der Insel wechseln. In Clifton Harbour ist es jedenfalls zu ungemütlich zum Bleiben. Wir probieren es auf der Leeseite der Insel in der Chatham Bay. Dort ist nichts mehr los, von 5 Lokalen haben noch zwei offen, sonst gibt es dort nichts. Es liegen noch 3 weitere Boote in der riesigen Bucht. Das Meer ist hier ruhig zum Ankern und Baden, aber von den Bergen kommen öfters sehr starke, kurze Böen, dass es alles rüttelt und schüttelt und das Schiff Schräglage bekommt. Überhaupt bläst der Wind seit 10 Tagen ununterbrochen, und stärker als es für die Jahreszeit sein sollte. Nach 2 Tagen fahren wir deshalb weiter südlich nach Carriacou.

5.6. Saint Lucia

Wir warten einen Tag länger als geplant in Martinique auf besseren Wind, und es lohnt sich in zweifacher Hinsicht:
Zum Ersten dürfen wir Zeuge eines Jetski-Rennes in Ste. Anne werden! Nun sind Jetskies laute, stinkende, wellenerzeugende Sch…dinger, die immer von schwachsinnig grinsenden Vollidioten mitten durch Schwimmer, Schnorchler und Ankerlieger gejagt werden. Rennmäßig natürlich. Also vollkommen unnötig. Ein richtiges Renn-Jetski ist lauter, stinkender, usw…., also unnötig zum Quadrat. Aber wenigstens ist der Bereich abgesperrt und niemand wird gefährdet. Ein Kamera-Hubschrauber kreist über dem Startbereich, tausend begeisterte Zuschauer fiebern hinter der Strandabsperrung mit. Beim Start rasen etwa 20 Unnötig-zum-Quadrat vom Strand weg, 50m an unserem Boot vorbei, und verschwinden am Horizont, wo sie ein paar Runden um Bojen drehen. Der Heli hinterher, nur durch ihn kann man erahnen, wo die überhaupt herumfahren. Nach 20 Minuten kommen sie zurück zu Start und Ziel am Strand. Das Ganze 4 Mal. Nach zwei Stunden ist der Spuk vorbei, für’s Publikum so spannend wie jemandem beim Briefmarkensammeln zuzusehen. Unnötig zum Quadrat halt.
Zum Zweiten kommt der Wind mit 15 Ktn aus OstSüdOst, und wir können, zwar eher hart am Wind, aber doch einen Anliegerkurs fahren, und das bei sehr wenig Welle. Fünf angenehme Segelstunden später sind wir da.
Wir ankern vorerst vor der Rodney Bay Marina und gehen zum Einklarieren. Obwohl St.Lucia Mitglied bei der Sailclear-Internet-Zollformalitäten-Plattform ist, auf der auch wir unsere Daten vorab deponiert haben, muß ich dort alle Angaben neu auf Formularen eintragen, in vierfacher Ausfertigung. Ein Exemplar bleibt bei mir, die anderen drei werden auf drei nebeneinander stehende Schreibtische mit fesch uniformierten Beamten im gleichen Büro verteilt: Customs, Immigration und Seaport Authority. Dauert nur knapp eine Stunde, kost‘ fast nix, nur 10€. In Dominica mit dem gleichen System hat das Ganze kaum 5 Minuten gebraucht, wurde von einer Sekretärin am Computer erledigt und kostete dort 3,50€.  Wie die das in St.Lucia machen, wenn im Dezember mit der ARC 250 Yachten fast gleichzeitig einfahren, möcht ich gar nicht wissen.
Die Rodney Bay ist nicht besonders attraktiv. Der gesamte Strandbereich ist hotelverseucht, es gibt keine Anlegemöglichkeiten für Beiboote, außer in der Marina. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht liegt die Halbinsel Pigeon Island. Dort ankern wir dann letztlich, weil es dort viel schöner ist. Ein Naturschutzgebiet mit einem Stück Strand, einem Anlegesteg, einem netten Wirtshaus mit Internet und einer Festungsanlage aus dem 18.Jhdt. Eintritt ca. 7€ pro Person von 8 bis 17 Uhr. Sogar für Nur-Wirtshausbesucher! Nach 17 Uhr ist der Zutritt zum Wirtshaus frei, aber man darf dann nicht mehr an den Strand und auch nicht auf die Burg gehen. Da passen die gestrengen Parkwächter noch bis zum Abend auf. So seltsame Zutrittsbestimmungen haben wir sonst noch nirgends vorgefunden. Weil die Eintrittskasse am Landzugang steht, wir aber mit dem Beiboot am 200m entfernten Wirtshaussteg anlegen, entgehen wir dem wachsamen Auge des Parkpersonals und können tagsüber den Festungsberg kostenlos erklimmen.
Die Stadt um die Marina hat nichts Besonderes zu bieten, Einkaufen ist mühsam, nur nach 20minütiger Beibootreise möglich. Eine Busfahrt in die Hauptstadt Castries zeigt auch dort keine besonderen Sehenswürdigkeiten. Es gibt jede Menge aufdringlicher Strassenverkäufer, man wird ständig angesprochen, jeder will irgendwelchen Ramsch verkaufen. Einige interessante Punkte auf der Insel wären nur mit einem Leihauto gut erreichbar, aber das wollen wir uns hier nicht antun – Führeschein kaufen(!) und wieder Linksverkehr. So bleiben wir in unserer halbwegs ruhigen Natuschutzpark-Ecke liegen, baden und schnorcheln ein bisschen, und werden nach einer Woche gemeinsam mit der „Seven Seas“, die bis dahin auch hier eintreffen will, in die Grenadinen weitersegeln.
Die „halbwegs ruhige Naturschutzpark-Ecke“ entpuppt sich dann am Wochenende als Reinfall. Am Strand fahren unzählige Autos Einheimischer auf, jedes mit fetter Anlage drin, mindestens 1000Watt, jedes mit mistiger Trash-HipHop-Rap-Schnellsprechkacke. „Musik“, die bestenfalls zum Auslösen eines epileptischen Anfalles gut ist. Jeder scheppert was Anderes. Aber alle zugleich. Und einer lauter als der Andere. Grausam. Einen so unmusikalischen Mob wie hier hab ich noch nirgends erlebt. Keine Spur von Reggae, kein cooler Rythmus, kein Groove, nur Lärm. Wir freuen uns auf Bequia.

5.5. ungeplanter Abstecher zurück

Das Wetter hier im nördlichen Teil der kleinen Antillen ist so schlecht, dass mir niemand einreden kann, das sei normal. Es ist keine Regenzeit, trotzdem regnet es jeden Tag mehrmals, auch in der Nacht immer wieder, sodass man keine Fenster offen lassen kann. Mindestens jede Stunde zieht ein Regenschauer mit starken Windböen drüber, es ist fast immer zu 3/4 oder mehr bedeckt, die Sonne kommt nur dazwischen kurz einmal ein paar Minuten zum Vorschein. Es ist warm, schwül, aber eigentlich nie richtig ruhig und schön.
Karoline ist ein bisschen angeschlagen, Schnupfen, Husten, Halsschmerzen. Sie schläft sich ein paar Tage lang aus, aber man könnte bei dem wechselhaften Wetter eh nichts Besonderes unternehmen. Wir sind außerplanmäßig von Dominica noch einmal nach Guadeloupe raufgefahren. Eigentlich wollten wir schon weiter nach Süden. Der Grund: Julian, Gast auf der „Seven Seas“ hat versehentlich das Smartphone mit einem Getränk ersäuft, und es hat daraufhin seine Funktionen eingestellt. Seine Versicherung wird den Schaden ersetzen, und das neu bestellte Gerät wird Anfang nächster Woche von einem Besucher der „Seven Seas“ nach Guadeloupe mitgebracht. Darum sind wir jetzt auch wieder da, und warten auf unser neues Internet-Dingsi. Jedesmal den Laptop an Land mitzunehmen, um WiFi-Internetverbindung zu bekommen, ist doch recht mühsam.
Die Übergabe klappt am vereinbarten Tag. Während die „Seven Seas“ mit ihren 4 Gästen nach Les Saints weiterfährt, wollen wir nach Marie Galante. Die Insel ist nicht ganz einfach zu erreichen, da sie östlich liegt, d.h. gegen den Wind anzufahren. Erstmals passt der tatsächliche Wind sowohl in Richtung als auch in Stärke mit der Vorhersage zusammen, und wir können hart am Wind einen Anliegerkurs fahren. 15 Knoten Wind, nur kleine Wellen und einmal kein Regen(!) bereiten uns sogar einen recht angenehmen Segeltag, das hatten wir hier bisher nur selten.
Marie Galante ist klein, ungewohnt flach, kein Vulkan. Die Ankerbucht vor Saint Louis ist riesig, seicht, nur wenige Boote liegen hier. Der erste Tag ist ruhig und sonnig. Wir machen einen langen Spaziergang in die Anse Moustique, ein toller, langer, unverbauter Sandstrand. Auch der Strand um die Stadt ist mehrere Kilometer lang und sehr karibisch. Ein bisschen Müll liegt herum, aber man hat den Strand fast für sich allein. Wahrscheinlich kommen erst am Wochenende die Ausflügler vom nahe liegenden Guadeloupe hier her. Wir finden Mangos, zwar klein, aber selbst geerntet. Das schöne, ruhige Wetter veranlasst uns, am nächsten Tag mit dem Bus eine Inselrundfahrt nach Grand-Bourg zu starten. Allerdings ist’s mit dem Schönwetter dann auch gleich wieder vorbei. Es ist regnerisch, wie gewohnt, Sonne nur kurz zwischendurch, der Wind dreht mit jedem Regenschauer einen Vollkreis. Die ankernden Boote liegen dann zu nah, weil mit solch gestörten Windverhältnissen hier keiner rechnet. Die Vorhersage lautet, wie immer, auf Ost 15Ktn. Wir haben heute von West über Nord, zwischendurch auch einmal Süd alles dabei, nur Ostwind eigentlich gar nicht.
Nach einigen ruhigen Tagen starten wir zurück nach Martinique. 80sm sollten in 16Stunden zu schaffen sein, Die Windvorhersage ist günstig, 15-20ktn Ost. Wir wollen Dominica auf der Atlantikseite passieren, um der Windabdeckung hinter den Insel zu entgehen. Wieder einmal hält sich das Wetter nicht an die Vorhersage, Wind von 7 bis 25Ktn, von Südost. Wir fahren so hart am Wind wie nur möglich, müssen uns aber doch mit Motorhilfe an einem Kap vorbeischwindeln, um uns einmal Kreuzen zu ersparen. Danach geht es dann aber ganz gut weiter, in der Nacht regnet es alle halben Stunden mit Böen, und in der Abdeckung von Martinique hört der Wind ganz auf. Wir brauchen dann doch 20 Stunden bis zum Ziel.
Wir bleiben zum Einkaufen eine Nacht in Fort De France, treffen dort wieder einmal auf die „Rebell“, und fahren dann langsam von Bucht zu Bucht an Martinique entlang nach Süden. In Le Marin wollen wir uns noch ordentlich verproviantieren und die Tanks füllen, bevor wir nach St.Lucia übersetzen werden.

5.4. Dominica

Der Abschied von Les Saints fällt uns leicht. Nach einer schwelligen Nacht in der nunmehrigen Bojenbucht wollen wir dort nur schnell weg. Der angesagte Wind von 15Knoten hat dann zwar 25, aber die Richtung passt wenigstens ganz gut zum Segeln. Dominica ist in der schwarzen Regenwolke kaum zu sehen. Etwa 5 Meilen vor dem Ziel hört der Wind auf und es beginnt zu schütten. Eine Meile vor dem Ziel sehen wir die Insel nicht mehr. Der extreme Starkregen hört bis zum Abend nicht mehr auf. Als der Anker fällt sind wir nass bis auf die Knochen, trotz Regenkleidung. Das Wasser der Ankerbucht ist trübe und braun, viele Kokosnüsse, Äste und Müll treiben herum. Die vier Flüsschen, die in die Bucht münden, haben mit dem Hochwasser eine ganze Menge Zeug mitgebracht. Am zweiten Tag ist es in der Früh trocken, ab 9 schüttet es aber wieder den ganzen Tag. Völlig windstill. 90% Luftfeuchtigkeit. Am dritten Tag ist es ein bisschen sonnig, es regnet nicht mehr, dafür bläst der Wind wieder mit 15-20 Knoten über den Ankerplatz. Am vierten Tag regnet es nur wenig, dafür Wind mit deutlich über 20 Knoten. Angenehm oder gemütlich ist es hier wohl nie. Wir überlegen schon, hier bald wieder wegzufahren. So schlecht war das Wetter ja noch nirgends. Nichts von dem Ganzen in den grossräumigen Wettervorhersagen. Das Inselwetter ist durch die hohen Berge ein ganz eigenes Thema.
Die Boatboys von Dominica kommen immer wieder vorbei und wollen einem alles Mögliche verkaufen, von Obst über Sightseeingtouren bis zur Erledigung von Zollformalitäten. Allerdings sind sie nicht aufdringlich und lassen einen bald in Ruhe, sobald man einmal ablehnt.
Der blöde Laderegler vom Windgenerator gibt endgültig den Geist auf. Er bilded sich ein, auch im Stillstand 800 Watt zu laden, und bremst sich sofort ein. Ein Regentag lang wird herumgelötet und umverdrahtet. Durch Deaktivierung der Ladestrommessung kann ich den Prozessor überlisten, die Bremse wieder loszulassen. So gibt es immer wieder Spass mit Equipment an Bord, das zwar sauteuer war, aber deshalb nicht funktionieren muss.
Ausflug in die Hauptstadt Roseau. 20km entfernt, mit dem Bus. Kleinbusse mit 14 Sitzplätzen fahren nicht nach festen Fahrplänen, wenn sie fast voll sind, fahren sie los. Keine Haltestellen, man hält sie durch Winken an und steigt wieder aus, wo man grade will. Kostet nicht viel, ist unbequem und unzuverlässig, aber man kommt irgendwann an. Schlechte Strassen, aber sie fahren als gäb’s kein Morgen. Noch dazu links, und man erschrickt immer wieder, wenn ein Auto auf der „falschen“ Seite entgegenkommt. Unterwegs sind 4 Notbrücken zu passieren, die richtigen wurden beim Wirbelsturm Erika im Vorjahr weggespült. Die Stadt selber ist dann nichts Besonderes, laut und hektisch. Die Häuser sind deutlich einfacher als in der französischen Karibik. Wenigstens machen die hier kein Staatsgeheimnis aus Internetzugängen wie die Franzosen. WiFi ist in beinahe jedem Lokal zu kriegen.
Inzwischen ist auch die „Seven Seas“ mit Veronika, Robert und Julian hier eingetroffen und ankert neben uns. Sofort werden Pläne für gemeinsame Unternehmungen geschmiedet. Ein Ausflug in den Indian River bringt uns in einen schönen Mangrovenurwald, vorbei an einem Drehort zu Fluch der Karibik, die Hütte der Calypso. Am Abend gibt es ein Grillfest der Boatboys-Vereinigung PAYS. Die Einladung für 15Euro lautet: All you can eat, all you can drink. Das ist ein bisschen übertrieben gewesen, wir sind aber satt geworden. Rumpunsch gab es genug.
Am nächsten Abend Grill mit frisch gefangenem Fisch auf der Seven Seas, wie immer ein kulinarisches Fest. Dann nehmen wir uns zusammen ein Leihauto für 2 Tage und fahren die Insel ab. Immer noch Linksverkehr. Sehr gewöhnungsbedürftig. Selber fahren ist noch viel spannender als Busfahren. Wenn man beim Losfahren oder Abbiegen ein ganz ungutes Gefühl hat fährt man hier auf der richtigen Seite. Die Durchquerung eines Kreisverkehrs links und im Uhrzeigersinn empfinde ich als besonders seltsam. Aber man gewöhnt sich sogar daran. Zum Glück befahren wir mit der Allrad-Mietkiste meist kleinste Nebenstrassen in furchtbarem Zustand, da ist wenigstens kaum Verkehr und die Strasse so schmal, dass man sowieso in der Mitte fährt. Bei jeder Fahrzeugbegegnug muss man aber ein bisschen nachdenken.
Wir besuchen ein Schaudorf der Kalinago, karibische Indianer, Urbewohner, von denen es hier etwa 3000 gibt. Sie leben in einem Reservat, und können als Einnahmequelle ihre Lebensart und Geschichte wie in einem Museum den Touristen zugänglich machen. Weiters besuchen wir mehrere Wasserfälle, die in den vulkanischen Schluchten einige zig Meter in türkisfarbene Pools fallen, und das mitten im dichtesten Regenwald. Sehr nass, sehr schwül, aber auch sehr schön. Überhaupt ist ein Grossteil der Insel mit Urwald bedeckt, dazwischen gibt es auch immer wieder bewirtschaftete Flecken, alles wuchert, blüht und gedeiht. Wir finden eine Menge Früchte, Kokosnüsse, Brotfrucht, Kakao. Am zweiten Tag befahren wir ein paar tiefe Schluchten, wieder mit tollen Wasserfällen. In den Pools unter den Fällen kann man wunderbar baden, Massage und Sprudelbecken inklusive, und es ist für einen Fluss nicht einmal kalt.
In der Ankerbucht treffen wir auch Christian, Burgenländer, der allein auf seiner fast 50 Jahre alten „Rodeo“ unterwegs ist. Er hat ein paar Probleme mit der Elektrik am alten Schiff. Robert und ich können ihm ein paar Dinge wieder in Gang setzen, was ihn sehr freut, da er im Frühjahr über den Atlantik zurück nach Europa fahren will.

5.3. Guadeloupe

Die Überfahrt von Martinique nach Guadeloupe ist voller Abwechslung. Bis Dominica 25 Knoten Halbwind. Sobald wir ins Lee von Dominica geraten, plötzlich 8 Knoten Gegenwind. Hinter Dominica ist Segeln unmöglich, alle Boote motoren hier herum. Nördlich der Insel kommt plötzlich wieder Halbwind mit bis zu 32 Knoten. Trotz sehr verkleinertem Segel fahren wir mit über 8 Knoten dahin. Eigentlich zu viel für unser Boot. Es läuft schon sehr unruhig. Gegen Nachmittag erreichen wir Les Saints. Die kleine Inselgruppe vor Guadeloupe gefällt uns sehr gut. Inmitten der drei kleinen Inseln ankern wir gut geschützt in vollkommen klaren Wasser vor einem kleinen Hotelstrand mit höchstens 20 Gästen. Es ist gut zum Schnorcheln, abends sehr ruhig. Wir besuchen die Festung Fort Napoleon mit toller Aussicht über die Inseln und frei herumlaufenden, oder besser herumliegenden Iguanas, etwa einen halben Meter lang. Hier treffen wir auch wieder einmal das deutsche Boot „Rebell“ mit Birgit und Bernd, die wir letztes Mal auf den Kanaren gesehen haben.  Wir bleiben dort vorest nur 2 Tage, weil wir vor einem angekündigtem Wetterwechsel noch nach Guadeloupe rauf fahren wollen. Wir werden aber auf jeden Fall beim Runterfahren hier wieder Halt machen.
Der angekündigte Wetterwechsel findet natürlich verspätet statt. Daher haben wir auf den letzten 20 Meilen nach Guadeloupe keinen Wind und müssen motoren. Der Ankerplatz dort ist dann nicht so toll wie erhofft. Schlecht haltender Schlammgrund, wir müssen uns zwei Mal umhängen, weil der Anker rutscht. Wir liegen weit weg von der Stadt, Supermärkte sind rar und weit weg, dafür gibt es Gelsen. Die Stadt Pointe-a-Pitre ist uninteressant und gammelig. Die Internetverbindung ist äusserst mäßig. Es ist meist nur schwacher Empfang, die 10 Euro Aufbuchung auf der Prepaid-Karte sind am Abend wieder spurlos verschwunden, ohne was davon verbraucht zu haben. WiFi-Zugänge in den Lokalen sind selten, niemals frei, und von schlechter Qualität. Das Internet haben sie nicht gerade erfunden, die westindischen Departementsfranzosen. Die Neueinträge im Blog sind daher derzeit etwas sparsam gehalten, weil wir selber kaum rein kommen. Der angedrohte Wind kommt dann doch noch, Regenwetter auch, daher warten wir erst einmal ab, bevor wir das Schiff allein lassen können und Landausflüge machen.
Eine Inselrundfahrt mit einem Mietauto führt uns um die Basse Terre, die bergige Hauptinsel. Die ist voll mit tropischem Urwald, Flüssen und Wasserfällen. Der große Vulkan Soufriere ist nie zu sehen, versteckt sich immer in dichtesten Wolken. Es regnet jede halbe Stunde, und zwar nicht gerade wenig, sondern es schüttet wie aus Kübeln. Es gibt ein paar Wanderrouten, aber bei dem Wetter ist Wandern nicht gefragt. Einige Routen sind bei Regenwetter sogar als gefährlich eingestuft. Also begnügen wir uns mit ein paar sehenswerten Punkten, die mit dem Auto und kurzen Fußmärschen erreichbar sind.
Nach einer Woche fahren wir wieder zurück nach Les Saints. Ausnahmsweise einmal guter Segelwind aus vernünftiger Richtung und gerade noch erträgliche Wellen. Der Ankerplatz, wo wir vor einer Woche mit etwa 20 Schiffe lagen, existiert nicht mehr. Dort hängen jetzt 8 Bojen, Benutzung natürlich nur gegen Bezahlung, aber ohnehin alle besetzt. Ansonsten ist dort jetzt Ankerverbot. Ganz toll. Der einzig mögliche Ankerplatz in der Nähe ist eher offen, öde und nach Nord gegen Schwell ungeschützt. Große Enttäuschung. Wir werden uns hier daher nicht mehr lange aufhalten, und in den nächsten Tagen nach Dominica übersetzen.

5.2. Martinique

Die 100-Meilen-Überfahrt von Barbados nach Martinique geht viel schneller als gedacht. 25 Knoten raumer Wind lassen die Geschwindigkeit nie unter 7 Knoten abfallen. Wir kommen daher vier Stunden vor Plan, noch bei Dunkelheit an, und ankern weit draussen vor der Stadt Le Marin, weil die Einfahrt ein bisschen heikel ist. Am nächsten Morgen fahren wir in die riesige, seichte Stadtbucht ein. Hier ankern bestimmt an die 1000 Boote. Einklariern ist einfach, man gibt seine Daten selber am Computer ein und kriegt einen Ausdruck dafür. Wir sind wieder in der EU – Frankreich. Die Menschen hier sind, obwohl genauso dunkelhäutig wie in Barbados, viel europäischer. In Barbados waren sie um einiges entspannter und lockerer drauf. Die Stadt Le Marin bietet extrem gut ausgestattete Schiffsausrüster und Reparaturdienste. Wir lassen eine lose Schiene am Grossbaum neu montieren. Das wäre an sich zum Selbermachen kein Problem gewesen, aber die seit 20 Jahren festsitzenden Schrauben waren ohne Spezialwerkzeuge nicht zum Bewegen zu bewegen. Bei der Gelegenheit lassen wir auch noch einen Riggcheck von den dortigen Spezialisten machen – Aufatmen, alles OK. Ich bekomme wertvolle Tipps zum Selbereinstellen der Wanten und des Riggs.
Wir finden einen ruhigen (endlich keine Wellen mehr!!!) Ankerplatz in einer von Mangroven gesäumten, unbewohnten Bucht nahe der Stadt. Das Waaser dort ist etwas trübe vom schlammigen Grund in den Mangroven, wie ein Waldteich zuhause. Dort liegen viele offenbar fahruntüchtige, bewachsene, rostige Schiffe vor Anker. Wir halten viele davon zunächst für Wracks, die dort friedlich ihrem Ende entgegengammeln. Abends brennen aber doch in beinahe allen Lichtlein, und sie sind bewohnt von Aussteigern, die dort wohnen, aber wohl nirgends mehr damit hinfahren werden.
Wir verbringen die Tage von Weihnachten bis Neujahr ruhig, mit Baden, Entspannen, und öfter Mal Grillen. Ein paar Mal treffen wir uns mit Hannes, Lydia und Robin von der Blue Lilly, einem weiteren österreichischen Boot. Im Mangrovenwald entdecken wir einen kilometerlangen, schmalen, befahrbaren Kanal. Das ist schon sehr fremdartig für uns. Mit dem Schlauchboot im Wald rumfahren. Es ist heiß, ein bisschen windig, und es regnet mehrmals am Tag für ein paar Minuten, obwohl die Regenzeit eigentlich schon vorbei sein sollte. Dann scheint wieder die Sonne. Es läßt sich aushalten. Wir bekommen mehrmals täglich Besuch von einem kleinen, spatzenähnlichen Vogel, der die Brösel im Cockpit aufpickt. Er wird dabei immer zutraulicher und wagt sich bis auf schon bis auf wenige Zentimenter an uns heran, wenn wir ruhig sitzen.

Nach einigen Tagen wechseln wir den Ankerplatz wieder vor die Stadtbucht. Dort ist es zwar nicht ganz so ruhig wie drinnen, dafür ist das Wasser dort klar mit Sandgrund. Die nächsten Tage verbringen wir ohne besondere Aktivitäten mit kurzen Fahrten zu verschiedenen Ankerplätzen. Wir Baden und Schnorcheln in allen erreichbaren Riffbereichen. In den Riffen wimmelt es von bunten Fischen, Korallen, Schwämmen und Menschen. Die Meeresbereiche abseits der Riffe sind fast leer und unbelebt.  Einmal schnorcheln wir in einem Schwarm von tausenden kleinen Fischchen. So viele, dass man den Grund darunter nicht mehr sehen kann. Der Besuch einer Rumdestillerie gibt uns interressante Einblicke in die Rumerzeugung heute und vor 100 Jahren. Gratis Verkostung inklusive. Neben der Rumdestillerie gibt es in Saint Pierre noch Ruinen der Stadt zu sehen, die 1902 beim letzten Ausbruch des nebenliegenden Vulkans zerstört wurde. In Saint Pierre treffen wir die Blue Lilly wieder. Die Möglichkeiten sind doch begrenzt, es kreuzen sich immer wieder die Wege. Zwei Tage vor Vollmond gibt es eine Langusteninvasion. Milliarden winziger Langusten mit etwa 5mm Größe schwimmen rund ums Boot, werden durch die WC-Spülung herein, und auch wieder hinaus gespült. Wir trauen uns nicht einmal ins Wasser zu gehen, die Viecherln würden zu hunderten in den Haaren hängenbleiben. Nach ein paar Stunden ist der Spuk vorbei, die Krabbenwolke hat sich zerstreut. In den folgenden Tagen tauchen sie immer wieder auf, werden grösser und hängen in den Haaren und in der Badehose.

Wir bekommen Besuch von Anna und Helga, die bleiben für zwei Wochen. Wir segeln mit ihnen die Küste entlang und schauen uns den Jardin de Balata an, einen riesigen Garten voller blühender heimischer und fremder Pflanzen, und dazwischen schwirren Kolibris herum, meist an den angelegten Futterstellen. Ein weiterer Ausflug geht an den Canal de Beauregard. Das ist eine künstliche Wasserrinne entlang eines tiefen Grabens. Auf etwa 6 km Länge ist entlang des steilen Grabenabhanges eine gemauerte Wasserrinne errichtet, die früher den Rumbrennereien als Frischwasserversorgung diente. Jetzt ist es ein Wanderweg durch eine Urwaldlandschaft. Man geht auf der ca. 50cm breiten Grabenaussenmauer, daneben geht es stellenweise 20Meter und mehr fast senkrecht hinunter. Kein Geländer, keine Möglichkeit zum Festhalten. Zeitweise ziemlich mulmiges Gefühl beim Gehen. Trotzdem ist der Wanderweg als leicht eingstuft. Wäre bei uns unvorstellbar. Beim Schnorcheln in verschiedenen Buchten und Riffen haben wir bis jetzt schon die komplette Besetzung von „Findet Nemo“ gesehen. Nur Nemo selber noch nicht.

Besonderer Ankerspaß in einer beliebten, aber engen Bucht: ein höchst erfahren-kompetenter deutschsprachiger Katamaran-Kapitän, der mich an meiner rotweissroten Fahne als Österreicher erkennen müsste, spricht mich bei der Einfahrt in die Bucht in englisch an und meint, es sei „a little difficult here, and no place“, und alle nebenliegenden Boote wären schon fast mit ihm zusammengestossen, und ich könnte da nicht ankern und solle doch besser überhaupt woandershin fahren. Stolz erklärt er mir unwissenden Naivling, dass er 40m Ankerkette draussen hat und dass das gut so wäre, je mehr umso besser. Die Bucht ist 5m tief und 80m breit. Er kapiert leider nicht, dass ER an seiner elendslangen Kette durch die ganze Bucht treibt und alle andern belästigt. Wir tauschen ein paar Nettigkeiten aus, ignorieren ihn forthin und ankern trotzdem daneben. Gottseidank schleicht er sich am nächsten Morgen und nervt jetzt anderswo die Leute mit seiner Blödheit.

In einer Bucht beim Schnorcheln bemerken wir die starke Gezeitenströmung erst, als wir schon aus der Bucht hinausgetrieben werden. Wir schaffen es gerade mit Flossen die Position zu halten, weiter hinein kommen wir nicht mehr. Wir schwimmen Richtung Ufer um dort abzuwarten. Zum Glück kommt ein einheimischer Ankerlieger, der uns beobachtet hat und die Gegebenheiten dort kennt, mit seinem Dinghi entgegen und bringt uns zum Schiff zurück. Die Strömungen werden wir in Zukunft wohl besser beobachten, das war ein bisschen leichtsinnig und hätte auch gefährlich werden können.
Die Faschingstage in Fort de France sind ziemlich gewöhnungsbedürftig. Vor jedem Laden fette Lautsprecher, mehrere Live-Bands gleichzeitig, dazu Umzüge mit Trommlern, Wahnsinnige mit buntbemalten Autoleichen ohne Auspuff, dafür Vollgas. Es ist ein Lärm wie bei einem achtstündigen Flugzeugstart. Man kann den Lärm sogar spüren. Die Leute sind nicht verkleidet, sondern bunt dekoriert mit allerhand schrillem und geschmacklosem Zeug. Besonderes Highlight: dicke Frauen mit knallengen Netzstrümpfen und Shirts. Wie Selchroller! Sehr hübsch.Eine Hälfte ist bekifft, die andere betrunken, auf jeden Fall grölen alle und machen soviel Krach wie nur möglich. Das ist das Wichtigste. Fasching ist einfach lustig. Auch gesehen: einige Weihnachtsmänner. Die Mehrfachverwendung des Kostümes beweist ökonomischen Weitblick.

Das Wetter wird immer feiner. Statt fünf Mal täglich Regen, regnet es jetzt nur mehr ein Mal: von 8 bis 17 Uhr durchgehend. Ein paar Tage lang. El Nino? Oder ist es hier tatsächlich immer so besch…..? In der Nähe von Fort de France treffen wir wieder einmal unsere Freunde von der „Seven Seas“, die wir auf den Kanaren das letzte Mal gesehen haben. Es gibt viel auszutauschen über die Erlebnisse in der Zwischenzeit.  Eigentlich wollten wir nach dem Fasching weiterfahren nach Guardeloupe und Dominica. Eine defekte Batterie sowie der Ausfall des Motorbetriebsstundenzählers zwingen uns wieder in den Süden der Insel nach Le Marin zu den Schiffsausstattern zu fahren. Natürlich gegen den Wind. Wie immer. Hier können wir die kaputten Teile für einen Haufen Bares ersetzen. Nach dem Batteriewechsel spinnt auch noch der Windgenerator-Laderegler. Große Freude kommt auf. Wieder mal alles gleichzeitig hin. Der Laderegler erholt sich jedoch nach einem Tag ohne Stromversorgung. Die Software hat nach dem Totalreset über Nacht wieder zu sich gefunden. Jetzt kann es endlich weitergehen.

Zuvor noch Ankern wir noch einmal in der Anse Mitan, wo wir die Seven Seas und die Blue Lilly treffen. Drei österreichische Boote nebeneinander am Ankerplatz! Tagsüber machen wir einen gemeinsamen Ausflug an die Ostküste mit einem Leihauto. Die Küste ist nicht so berauschend, offen zum Atlantik, aber von einem Riff gegen Wellen halbwegs geschützt. Ganz nett zum Anschauen, aber mit dem Boot möchte ich dort nicht unbedingt hin. Die Berglandschaft im Inselinneren ist ganz schön, üppigst bewachsen, Plantagen und Urwald, Dörfer und lose Besiedelung. Abends gibt es Treffen auf der Seven Seas, zu dem alle Teile des Abedessens mitbringen. Dort wird gegrillt.

5.1. Barbados

Wir sehen Barbados erst sehr spät, da wir uns bei Tagesanbruch annähern. Die Insel ist sehr niedrig, nicht vulkanischen Ursprungs. Erster Anlaufpunkt ist die Hauptstadt Bridgetown. Dort wollen wir einklarieren. Die Anlegestellen im Hafen sind eigentlich für riesige Kreuzfahrtschiffe gedacht. Die Mole ist viel zu hoch für uns, wir kommen fast nicht aus dem Boot hinaus. Vor dem Immigration Office spricht mich ein französischer Segler an, und rät mir, zum Einklarieren in die nächste Stadt zu fahren, da es dort viel unkomplizierter sei. Das tun wir dann auch, und fahren die 10nm nach Port Saint Charles, wo das tatsächlich schnell und völlig problemlos abläuft. Wir ankern dann vor der Stadt. Der Strand ist wunderschön, weisser Korallensand, immer wieder ein paar Steine, Palmen und Laubbäume bis direkt an den Strand. Dazwischen stehen unaufdringliche Hotels im Stil englischer Herrschaftshäuser mit sehr gepflegten Parks rundum. Dann wieder einfache karibische Wellblech-Holzhütten, sehr liebevoll bunt bemalt. Die Menschen sind äusserst freundlich, viele sprechen uns einfach an, und wollen wissen wo wir herkommen. Fast alle grüssen durch ganz lässiges Handheben im Vorbeigehen. Das Segeln auf der Leeseite der Insel ist traumhaft. 15 Kn Halbwind, absolut ruhiges Wasser. Nur das Anlanden mit dem Beiboot ist schwierig. Die langen, leichten Wellen brechen vor dem flachen Strand, was uns zwei Mal beim Aussteigen ein Vollbad beschert. Aber das Wasser ist 25°C warm, Die Luft hat tagsüber 30°C, nachts etwa 24.
Nach ein paar Tagen fahren wir zurück nach Bridgetown, um das gerissene Genuafall reparieren zu lassen. Am Ankerplatz dort treffen wir die Kanadier Al und Irene von der Darvin Sound wieder, die bei der Abfahrt von Gomera unsere Liegeplatznachbarn waren. Die beiden sind seit 1980 unterwegs und haben bereits 250.000nm hinter sich. Mit ein paar Bierchen feiern wir die erfolgreiche Überfahrt beider. Al hilft mir dann noch beim Einziehen des Genuafalls in den Mast, wobei Karoline wieder mal rauf darf. Sie ist halt die Leichteste zum Hochziehen.
Die Strände um Bridgetown sind voller lauter Touristen, Standdiscos und Jetski-Wahnsinnigen. Daher fahren wir nach der Reparatur schnell wieder in den ruhigen schönen Norden zurück, Ankern vor der Stadt Speightstown, baden, Schnorcheln über dem Korallenriff, grillen Truthahn (wegen Weihnachten), und lassen es uns gut gehen. Lokales Bier gibt es, und es ist gut. Das Rumangebot ist auch groß, haben wir aber nicht probiert.

Ausklarieren ist der selbe Papierkrieg wie schon bei der Einreise, die Beamten sind aber so freundlich, dass man ihnen nicht böse sein kann. Anschließend wollen wir unsere letzten 12 Barbados-$ in der Yachtclub-Bar anbringen. Bier, sagt uns der Barkeeper, ginge sich nicht aus, weil eines würde schon 8 BB$ kosten. So trinken wir zwei große Gläser frisch gepressten Orangensaft, vorzüglich. Beim Bezahlen stellt er uns dann plötzlich noch zwei große, frisch gezapfte Bier hin. „Because it’s Christmas“, lacht er uns als Erklärung an. Sehr gelungener Ausklang unseres Besuches in Barbados mit seinen freundlichen Menschen.