5.4. Dominica

Der Abschied von Les Saints fällt uns leicht. Nach einer schwelligen Nacht in der nunmehrigen Bojenbucht wollen wir dort nur schnell weg. Der angesagte Wind von 15Knoten hat dann zwar 25, aber die Richtung passt wenigstens ganz gut zum Segeln. Dominica ist in der schwarzen Regenwolke kaum zu sehen. Etwa 5 Meilen vor dem Ziel hört der Wind auf und es beginnt zu schütten. Eine Meile vor dem Ziel sehen wir die Insel nicht mehr. Der extreme Starkregen hört bis zum Abend nicht mehr auf. Als der Anker fällt sind wir nass bis auf die Knochen, trotz Regenkleidung. Das Wasser der Ankerbucht ist trübe und braun, viele Kokosnüsse, Äste und Müll treiben herum. Die vier Flüsschen, die in die Bucht münden, haben mit dem Hochwasser eine ganze Menge Zeug mitgebracht. Am zweiten Tag ist es in der Früh trocken, ab 9 schüttet es aber wieder den ganzen Tag. Völlig windstill. 90% Luftfeuchtigkeit. Am dritten Tag ist es ein bisschen sonnig, es regnet nicht mehr, dafür bläst der Wind wieder mit 15-20 Knoten über den Ankerplatz. Am vierten Tag regnet es nur wenig, dafür Wind mit deutlich über 20 Knoten. Angenehm oder gemütlich ist es hier wohl nie. Wir überlegen schon, hier bald wieder wegzufahren. So schlecht war das Wetter ja noch nirgends. Nichts von dem Ganzen in den grossräumigen Wettervorhersagen. Das Inselwetter ist durch die hohen Berge ein ganz eigenes Thema.
Die Boatboys von Dominica kommen immer wieder vorbei und wollen einem alles Mögliche verkaufen, von Obst über Sightseeingtouren bis zur Erledigung von Zollformalitäten. Allerdings sind sie nicht aufdringlich und lassen einen bald in Ruhe, sobald man einmal ablehnt.
Der blöde Laderegler vom Windgenerator gibt endgültig den Geist auf. Er bilded sich ein, auch im Stillstand 800 Watt zu laden, und bremst sich sofort ein. Ein Regentag lang wird herumgelötet und umverdrahtet. Durch Deaktivierung der Ladestrommessung kann ich den Prozessor überlisten, die Bremse wieder loszulassen. So gibt es immer wieder Spass mit Equipment an Bord, das zwar sauteuer war, aber deshalb nicht funktionieren muss.
Ausflug in die Hauptstadt Roseau. 20km entfernt, mit dem Bus. Kleinbusse mit 14 Sitzplätzen fahren nicht nach festen Fahrplänen, wenn sie fast voll sind, fahren sie los. Keine Haltestellen, man hält sie durch Winken an und steigt wieder aus, wo man grade will. Kostet nicht viel, ist unbequem und unzuverlässig, aber man kommt irgendwann an. Schlechte Strassen, aber sie fahren als gäb’s kein Morgen. Noch dazu links, und man erschrickt immer wieder, wenn ein Auto auf der „falschen“ Seite entgegenkommt. Unterwegs sind 4 Notbrücken zu passieren, die richtigen wurden beim Wirbelsturm Erika im Vorjahr weggespült. Die Stadt selber ist dann nichts Besonderes, laut und hektisch. Die Häuser sind deutlich einfacher als in der französischen Karibik. Wenigstens machen die hier kein Staatsgeheimnis aus Internetzugängen wie die Franzosen. WiFi ist in beinahe jedem Lokal zu kriegen.
Inzwischen ist auch die „Seven Seas“ mit Veronika, Robert und Julian hier eingetroffen und ankert neben uns. Sofort werden Pläne für gemeinsame Unternehmungen geschmiedet. Ein Ausflug in den Indian River bringt uns in einen schönen Mangrovenurwald, vorbei an einem Drehort zu Fluch der Karibik, die Hütte der Calypso. Am Abend gibt es ein Grillfest der Boatboys-Vereinigung PAYS. Die Einladung für 15Euro lautet: All you can eat, all you can drink. Das ist ein bisschen übertrieben gewesen, wir sind aber satt geworden. Rumpunsch gab es genug.
Am nächsten Abend Grill mit frisch gefangenem Fisch auf der Seven Seas, wie immer ein kulinarisches Fest. Dann nehmen wir uns zusammen ein Leihauto für 2 Tage und fahren die Insel ab. Immer noch Linksverkehr. Sehr gewöhnungsbedürftig. Selber fahren ist noch viel spannender als Busfahren. Wenn man beim Losfahren oder Abbiegen ein ganz ungutes Gefühl hat fährt man hier auf der richtigen Seite. Die Durchquerung eines Kreisverkehrs links und im Uhrzeigersinn empfinde ich als besonders seltsam. Aber man gewöhnt sich sogar daran. Zum Glück befahren wir mit der Allrad-Mietkiste meist kleinste Nebenstrassen in furchtbarem Zustand, da ist wenigstens kaum Verkehr und die Strasse so schmal, dass man sowieso in der Mitte fährt. Bei jeder Fahrzeugbegegnug muss man aber ein bisschen nachdenken.
Wir besuchen ein Schaudorf der Kalinago, karibische Indianer, Urbewohner, von denen es hier etwa 3000 gibt. Sie leben in einem Reservat, und können als Einnahmequelle ihre Lebensart und Geschichte wie in einem Museum den Touristen zugänglich machen. Weiters besuchen wir mehrere Wasserfälle, die in den vulkanischen Schluchten einige zig Meter in türkisfarbene Pools fallen, und das mitten im dichtesten Regenwald. Sehr nass, sehr schwül, aber auch sehr schön. Überhaupt ist ein Grossteil der Insel mit Urwald bedeckt, dazwischen gibt es auch immer wieder bewirtschaftete Flecken, alles wuchert, blüht und gedeiht. Wir finden eine Menge Früchte, Kokosnüsse, Brotfrucht, Kakao. Am zweiten Tag befahren wir ein paar tiefe Schluchten, wieder mit tollen Wasserfällen. In den Pools unter den Fällen kann man wunderbar baden, Massage und Sprudelbecken inklusive, und es ist für einen Fluss nicht einmal kalt.
In der Ankerbucht treffen wir auch Christian, Burgenländer, der allein auf seiner fast 50 Jahre alten „Rodeo“ unterwegs ist. Er hat ein paar Probleme mit der Elektrik am alten Schiff. Robert und ich können ihm ein paar Dinge wieder in Gang setzen, was ihn sehr freut, da er im Frühjahr über den Atlantik zurück nach Europa fahren will.