3.7. Festlandküste bis Gibraltar

Die spanische Festlandküste entlang des Alboranmeeres bietet jetzt absolut keine Verbesserung bezüglich Schönheit oder Interessantheit. Ganz im Gegenteil. Strände mit endlosen Hotelblockreihen, dazwischen kahle Felsabschnitte, das Meer verseucht mit Müll und Motorbooten. Hier wurde alles dem Billig-Massentourismus geopfert. Ödeste Umgebung. Auf einer Skala von 1(grauslich) bis 10(fantastisch) eine glatte minus 3. Wir beschließen, die etwa 350 Meilen bis Gibraltar zügigst durchzuziehen. Es ist extrem schwül, sehr dunstig, nur wenige Meilen Sicht. Wir sind an der Costa del Sol(!) und sehen die Sonne vier Tage lang nicht. Eine fette Hochnebel-Dunstschicht verdunkelt zeitweise den Tag, im grauen Streulicht gibt es keinen Schatten.  Wind 0 bis 7 Knoten, und wenn 7, dann wenigstens genau von vorne. Völlig unbrauchbar zum Segeln, daher stundenlanges nerviges Motorgebrumme. Ankermöglichkeiten gibt es nur wenige, aber das Meer ist ziemlich ruhig, und die Marinas in der Gegend sind teilweise sehr billig, auch in der Hauptsaison. In einer davon, Almerimar, lassen wir die Lattentaschen im Hauptsegel erneuern und verstärken. Das wollte ich schon seit einem halben Jahr machen lassen. Kostet zwar 300 Euro, aber dafür steht das Segel jetzt wieder wie `ne Eins. Der Vorbesitzer hatte die Lattentaschen zugeklebt und die Latten wohl über Bord geschmissen. Dass das Hauptsegel am Wind absolut kein Profil bildete, hat ihn wohl nicht so gestört. Hier liegen wir neben Robin und Marisa, er Neuseeländer, sie Spanierin, die seit vielen Jahren in der Welt herumschippern, und die uns an einem gemütlichen Abend viele Tipps und Tricks aus ihrer reichen Erfahrung verraten.
Bei der Ankunft in Gibraltar stellen wir fest, dass alle britischen Marinas überfüllt sind, man muss dort reservieren. Die nebenliegende spanische Marina ist gleich teuer, doppelt so groß und nicht einmal halb voll. Wenn man in die Stadt will, muss man von dort halt über die Grenze nach England einreisen, mit Passkontrolle und Zoll, trotz EU, und mit britischen Pfund. Die Straße quert gleich nach der Grenze die Flughafenlandebahn und wird bei Starts oder Landungen gesperrt. Ein zweistündiger Fußmarsch über extrem steile Straßen und Wege bringt uns auf den berühmten Felsen. Es gibt zwar auch eine Seilbahn hinauf, die ist aber unverhälnismäßig teuer. Von oben gibt es einen grandiosen Rundblick, und die dort freilebenden Berberäffchen springen zwischen den Touristen herum, klauen ihnen Smartphones und lose Gegenstände, und haben einen Mordsspaß damit. Der Rest der Stadt ist very british, mit typischen Telefonzellen und englischen Abfalltonnen. Wenigstens fahren sie dort auf der richtigen Seite, nicht wie in England. Hier bleiben wir ca. eine Woche um ein Paar Dinge für das Boot einzukaufen und zoll- und steuerfrei zu tanken (50ct/ltr), und um einen günstigen Wettermoment für die Passage durch die Strasse von Gibraltar in den Atlantik abzuwarten. Neben unserem Liegeplatz liegt ein weiteres österreichisches Boot mit Robert und Veronika. Die haben etwa die gleichen Routenpläne wie wir.

3.6. Party, Party!

Ibiza erwartet uns. Zwar nicht gerade ungeduldig, weil für die knapp 50 Meilen Überfahrt brauchen wir 28 Stunden. Das deshalb, weil ich beschlossen hatte, ohne Motor, nur unter Segel zu fahren. Und 16 Stunden lang war dann halt gar kein Wind, dafür elendigliches Wellengeschaukel. Kleine Geduldsprobe. Aber wir haben ja schliesslich keine Eile, und sind letztendlich doch noch angekommen. Und gleich vorweg: es geht noch tiefer, viel tiefer!
Ibiza! Die Partyinsel! Clubs ohne Ende und immerfort die Superüberdrübermuke zum Abtanzen. Hier sind die angesagtesten Dietscheis am Schrauben und setzen neueste sogenannte Musiktrends, bzw. entwickeln nervige Klingeltongeräusche, wie ich es nennen würde. Das ist genau mein Fall, dafür bin ich hergefahren, da muss man doch dabeisein. Aber im Ernst: eigentlich liegt Ibiza halt gerade auf unserem Weg herum, und die Partykacke spielt sich sehr konzentriert in den grösseren Bade/Hotelbuchten ab. Abseits davon gibt es wenige vom Land aus schwer zugängliche Buchten. Dort kann man auch Ibiza kurz aushalten. Die Buchten sind leider allesamt nach Süden bis Osten offen. Zum Glück ist gerade ungewöhnlich ruhiges Wetter, zwar immer Südostwind, aber sehr schwach, sodass wir auch in ungeschützten Buchten übernachten können. So schön wie Mallorca oder gar Menorca ist die Küste hier aber bei Weitem nicht.
Ibiza Stadt. Das Zentrum der gruseligen Club- und Partywelt. Wenn da nicht die Altstadt wär, die UNESCO-Weltkulturerbe ist, hätten wir einen großen Bogen herum gemacht. Die wollen wir uns aber anschauen. Die Altstadt ist ganz nett, aber der ablolute Weltkulturwahnsinn isses dann auch nicht. Der Rest der Stadt: dreckig, drei sauteure Marinas im Hafen, Ankerverbot im Vorhafen, Ankern geht nur in einer Nachbarbucht mit Motorboot-im-Kreis-Fahrern, Jetski-im-Kreis-Fahrern und allem Weiteren, was Lärm macht und nach Benzin stinkt. Wassersport für Sportliche halt. Von da aus sind es 5km zu Altstadt, man geht durch eine eigene Hotel-Stadt. Dazwischen vierspurige Strassen. Kein Strand, kein Supermarkt, nicht einmal Souvenier- oder Fetzenläden – nur Hotels für zigtausende Gäste. Trotzdem sind die wenigen Strandabschnitte hier recht leer, die Hotelpools, die man einsehen kann ebenso. Wo sind die Massen, die mit den Fliegern im 2-Minutentakt über uns hereindonnern? Die fahren alle, und zwar tausende täglich, mit den Schnellfähren nach Formentura, die Sandstrandinsel südlich von Ibiza. Wir wollen uns das anschauen, drehen aber ein paar Meilen vorher ab, denn der Fährverkehr hier ist unerträglich. Wir sind umzingelt von 30-40 rasenden Motorbooten. Das hier ist der schlimmste Ort, den wir bisher besucht haben. Mir ist völlig unverständlich, dass da jemand freiwillig herkommt, um Urlaub zu machen. Gegen das hier war Mallorca erfreulichst angenehm, viel besser als ursprünglich erwartet. Wir verschwinden hier wieder nach bereits 4 Tagen in Richtung Festland. Auf der windlosen  Überfahrt begleiten uns 5 Delfine eine Zeit lang.

3.5. zwei Wochen Badewetter

Während der Wartezeit hatten wir eigentlich geplant, alle Buchten auf der Südostseite abzufahren. Wir finden dann aber bald die Cala Mitjana und bleiben dort 5 Tage hängen. Die schmale Bucht ist tief in die Felsen eingeschnitten, rundum geschützt, mit Sandgrund, gleichmäßig 6m tief bis zum Rand, und hat am Ende einen kleinen Sandstrand. Es gibt kein Hotel, keine Siedlung in der Nähe. Die wenigen Badegäste müssen zu Fuß etwa 1 Stunde gehen um hier her zu kommen. Daher ist relativ wenig los, nur am Wochenende kommen tagsüber sehr viele Badegäste mit kleinen Motorbooten. Die meisten davon Leihboote, deren Fahrer völlig unbelastet von jeglichem bootsfahrerischem Verständnis wirr herumkurven und ihre Ankerleinen irgendwie nach einem undurchschaubaren höheren Plan in der Bucht verteilen. So ein kleines Motorboot hat ein Lenkrad wie ein Auto, verhält sich aber in jeder Hinsicht komplett anders, steuert hinten, und das erst unter Fahrt, und bleibt nicht einfach stehen, sondern dreht sich und wird von Wind und Strömung abgetrieben. Das haben die Wochenend-Kapitäne allesamt nicht kapiert. Trotzdem fahren die Verrückten hier mit 150 PS und mehr herum. Ganz bestimmt alles stolze Bootsführerschenbesitzer mit fundierter Ausbildung! Kleinere Kollisionen, ratlose Gesichter, sehr unterhaltsam für die anderen. Wir nennen es „Ankerfernsehen“ – zehn Mal besser als jedes Reality-TV. Der Wahnsinn hier ist echt.
Außen wird die gesamte Bucht von einem einzigen, mindestens 1 Quadratkilometer großen Privatanwesen umschlossen. Es ist ein großes Haus mit Pool und eine riesige, gepflegte Parkanlage. Ständig sprühen hunderte Rasensprenkler, 4 Gärtner kehren, jäten und schneiden ständig den Park, mindestens 10 weitere Hausangestellte wuseln im Gelände herum. Wer der Besitzer ist, konnten wir nicht herausfinden. Jedenfalls ist das mit Abstand die feinste und ruhigste Anker- und Badebucht, die wir bisher gefunden haben. Und das mitten in einem paradiesischen Garten.
Der sehnlich erwartete Wassermacher-Ersatzteil wird wie geplant pünktlich an die Gelateria Cucurucho am Hafen angeliefert und wird von uns abgeholt. Der Einbau ist unkompliziert und verläuft problemlos, das Ding funktioniert auf Anhieb. Endlich haben wir wieder jederzeit Trinkwasser in fast unbegrenzer Menge, ohne Flaschenschleppen vom Supermarkt.
Die weitere Route wählen wir entlang der Nordküste. Dort erhoffen wir uns mehr Ruhe als im extrem touristischen Süden. Die Wettervorhersage verspricht umlaufenden Schwachwind, Stärke 1 bis 2. Nach der Ausfahrt aus der Bucht bläst es böig mit 5 bis 6 Windstärken daher. Wir raufen ein wenig mit der Segeleinstellung herum. Bis alles passt und wir fein segeln könnten, ist der Spuk aber auch schon wieder vorbei, und wir motoren nach Sóller, dem einzigen Hafen an der Nordseite Mallorcas. Wir bleiben ein paar Tage und machen mit der historischen Bummelbahn von dort aus einen Tagesausflug ins 30km entfernte Palma. Die einstündige Fahrt geht durchs Gebirge, in Tunnels und über Brücken und zeigt uns ein bisschen vom Inneren Mallorcas. Der dreistündige Aufenthalt in Palma reicht aus, um den schönen Altstadtkern zu durchwandern. Die Hafen- und Strandbereiche der Stadt sind dagegen völlig uninteressant.
Bevor wir in Richtung Ibiza weiterfahren, wollen wir günstigen Wind abwarten, im Moment ist gar keiner. Wir Ankern in der Bucht vor Santa Ponsa auf der Westseite Mallorcas. Auf der Suche nach einem Supermarkt finden wir hier das „Cafe Katzenberger“ und das „Jürgen Drews Kultbistro“. Ein Traum! Wir sind endlich im Mittelpunkt des internationalen Jet-Set mit allen seinen Superpromis. Tiefer geht’s nicht mehr. Oder doch?

3.4. im Zentrum des deutschen Tourismus

Die Überfahrt nach Mallorca gestaltet sich recht ruhig. Ein angenehmer Segelwind bläst uns mühelos die 25 Meilen dorthin. Umso größer ist der Kulturschock. Waren in Menorca eher beschauliche Orte mit meist britischen, ruhigen Touristen die Regel, so sind wir hier mitten im Ballermann-Katastrophengebiet angekommen. Dabei ist hier  das von Palma weitest entfernte, gegenüberliegende Ende der Insel! Viele, viele deutsche Touristen auf der Suche nach lautem Spasss, alle Geschäfte zuerst in Deutsch beschriftet, Lokale wie „Bierbrunnen“, „Roberts Treff“, „Heidis Schnitzelhütte“ usw. Die einheimischen Betreiber sprechen oft besseres Deutsch als viele der meist nicht mehr ganz nüchternen Gäste. Soll nicht heissen, dass alle Deutschen etwas komisch sind, aber alle komischen Deutschen sind auf jeden Fall hier. Ununterbrochen sind irgendwelche Ausflugsboote („Piratentour“ oder „Party Boat“, Getränke inbegriffen) mit ihrem grölenden und lallenden Frachtgut mit Vollgas entlang der Küste unterwegs.  Fernab davon wollen wir trotzdem ein paar schöne und ruhigere Buchten finden. Die Touristenorte wollen wir nur zwangsläufig anfahren, wenn wir einmal was einkaufen müssen.
Es ist der 13.Juni, Geburtstag meiner Tochter Anna, und zugleich der erste Jahrestag unserer Reise. Wir werden daraufhin abends wohl ein Fläschchen Sangria  umfüllen.
Heute zeigt der Dingi-Außenborder unterwegs plötzlich Leistungsabfall und dann völlige Dienstverweigerung. Als wir ihn nach dem Zurückpaddeln ins Schiff heben, tropft unten aus dem Kühlauslass ölige schwarze Pampe heraus und versaut das ganze Cockpit. Ich denke zuerst an austretendes Getriebeöl, das ist aber einwandfrei sauber und das Getriebe ist voll. Ein paar Stunden später, nach ausgiebiger Reinigung der Cockpitsauerei schau ich mir den Murl noch einmal genau an, und er funktioniert wieder problemlos und ohne Ölpampenspritzerei. Hatte wohl eine Qualle oder ein Nylonsackerl gefressen und daraufhin Verstopfung oder Blähungen oder sowas.
Unterwegs an der Ostküste erwischt uns ein Gewitter, wie wir es noch nicht erlebt haben. Wir sind Kleidungsmäßig auf ein 20min Sommergewitter eingestellt. Es schüttet dann aber 2 volle Stunden wie aus kübeln, dazwischen ein 20miütiger Hagelsturm vom Feinsten, sodass im Cockpit 3cm hoch Hagelkörner liegen. Wir sind nass bis auf die Haut und haben eiskalte Füße vom Stehen im Hagel. Zum Glück sind die Sturmböen nicht so schlimm, und der Blitz hat uns diesmal auch nicht gefunden.
Die nächste Woche müssen wir wohl hier im Raum rund um Porto Colom bleiben, obwohl die Möglichkeiten hier doch recht begrenzt sind, weil wir auf die Lieferung eines Ersatzteiles für den Wassermacher warten. In der Zwischenzeit liegen wir in verschiedenen Buchten oder schauen uns eine Tropfsteinhöhle an.

3.3 Endlich Ruhe nach dem Sturm

Draußen in der Ankerbucht vor Mahon lernen wir Edwin und Sybille aus der Schweiz kennen. Die beiden bieten Luxuskojencharter auf ihrem Katamaran KOCO an. Da sie im Moment keine Gäste haben, verbringen wir zwei Abende bei ihnen an Bord. Ein toller 52 Fuß Katamaran mit allen erdenklichen Luxusausstattungen, da wird den Gästen schon einiges geboten.
Der Dienstag-Sturm hält sich ziemlich an die Vorhersage und dauert wirklich nur einen Tag. Das reicht aber aus, dass die „Edelstahl“-Abstützungen des Generatormasts entgültig zerbröseln, und der Generator beinahe ins Meer kippt. Zum Glück bleibt er am heckseitig befestigten Beiboot hängen und wir können neue improvisierte Masthalterungen basteln, die wahrscheinlich länger halten werden als die Originalteile. Die gebrochenen Teile stammen aus dem teuren Original-Montagesatz, waren aber offensichtlich ein ziemlich wertloses Zeugs.
Am nächsten Morgen dann neue Aufregung: ein französisches Boot ist nahe unserem Ankerplatz auf Grund gelaufen und im schlammigen Sand stecken geblieben. Indem die „leichtgewichtigen“ Männer der umliegend ankernden Boote gemeinsam auf dessen Baum sitzend das Boot krängen, können wir es aber nach einigen Minuten frei bekommen.
Die folgenden Tage sind ruhig, warm und schwach windig, so können wir unseren Plan, Menorca im Norden zu umrunden, endlich umsetzen. Wir segeln täglich ein paar Stunden bis zur nächsten mehr oder weniger einsamen Ankerbucht und übernachten dort. Wir treffen jetzt auch öfter auf Boote, die wir schon kennen und die wohl die gleiche Route fahren wie wir. Endlich einmal kein Wetterstress, kurze Fahrtstrecken und entspannende Aufenthalte. So macht’s dann auch wieder richtig Spass.
Die Rundfahrt über den Norden Menorcas bietet eine wilde Felsküste und dazwischen immer wieder schmale, gut geschützte Buchten, die hinter der ersten Sanddüne überraschend sanfte Waldhügel, Flußauen und Ackerland aufweisen. Ausgiebige Wanderungen lohnen sich da immer wieder.
In Ciutadella an der Westseite Menorcas bleiben wir zwei Tage vorm Hafen am Ankerplatz. Der ganze Ort liegt auf einem ca 10m hohem Felssockel mit steilwandigen befahrbaren Einschnitten, die ca 6-10m tief sind. Wie ein Pool. Obwohl unmittelbar vor der Stadt gelegen ist der Abkerplatz auch zum Baden geeignet. Die Stadt ist hübsch und gepflegt, und sehr stark von Touristen frequentiert.
Danach schauen wir uns noch ein paar kleine Badebuchten auf der Inselsüdseite an. Da sind ein paar traumhaft schöne Badebuchten ohne Bebauung und ohne Zufahrt. Erstaunlicherweise auch ohne Mobilfunkempfang, obwohl dort recht viele Touristen unterwegs sind. Diese kommen tagsüber zu Fuß von den etwa 3km entfernten Orten zum Baden, abends und nachts sind wir dort allein, mit höchstens ein oder zwei anderen Booten. Einzig negativ ist hier der ständige starke Schwell von Süden, der trotz sehr wenig Wind entsteht, und voll in jede Bucht hineisteht. Das bedeutet ständig starkes Geschaukel – Tag und Nacht. Mitte der Woche soll ein wenig Wind kommen, der uns hoffentlich nach Mallorca hinübertreibt.

3.2. Haltet den Dieb!

Die Windvorhersagen werden immer grausiger. Ursprünglich war ein kurzer Sturm nur für Donnerstag Nacht angekündigt, der allerdings erst am Samstag kam, und nach dessen Ende sofort das nächste und nächste und nächste Sturmtief aus dem Golf von Lyon herunterkommt. Immer mit Windstärke 8. Mittlerweile soll der Nordsturm nicht bevor 10 Tagen enden. Täglich kommen zwei neue Sturmwarnungen für dieses Gebiet am Navtex herein. Am Freitag ist an der unweit gelegenen Küste von Formentera ein Boot verunglückt, es gab sogar Todesopfer. Das komplette westliche Mittelmeer ist derzeit langfristig von Stürmen zugesch….. Wir müssen im Hafen bleiben. Trifft sich eh gut, denn gestern hat man uns beide Fahrräder geklaut. Die inzwischen ziemlich verrosteten Billigfahrräder! Herzlichen Glückwunsch dem Dieb! Sie waren hinterm Boot auf der Mole abgesperrt abgestellt gewesen. 8 Monate lang in Italien haben die Dinger niemanden interessiert, nach 3 Tagen in Spanien sind sie weg. Hätt‘ ich nicht gedacht. Viel Hoffnung hat uns die Polizei bei der Meldung aber nicht gemacht, obwohl hier alles mit Videokameras überwacht wird. Einen der Hafentage nutzen wir, um gemeinsam mit unseren britischen Liegeplatznachbarn einen Ausflug nach La Mola zu machen. Das liegt am Buchteingang nach Mahon und ist eine riesige Festungsanlage aus dem 19.Jhd. So gewaltig groß, dass wir darin fast 3 Stunden lang herumwandern können. riesige Hallen, tiefe Gräben, meterdicke Mauern, Gänge, Kanonenstellungen ohne Ende über mehrere Stockwerke, mittendrin Unterkünfte für tausende Soldaten.
In der nächsten Woche findet hier eine Regatta mit Superluxusyachten statt (Wally-Klasse und Maxi 72-Klasse). Einige Teilnehmer sind bereits da und liegen unweit von uns an der Mole. Jede einzelne Yacht ist ungefähr 3 bis 4x so lang wie unser Schiff, und etwa 40x so teuer. Bisher sind schon ein paar Luxusyachten angekommen:
Gesehen und bestaunt, die Wally-Yachten „Magic Carpet 3“ (100ft), „Sensei“ (94ft), „Ryokan“ (80ft), „Galma“ (94ft), „Y3K“ (100ft), „J-One“ (80ft), „Open Season“ (100ft), „Lyra“ (100ft), „inti“ (80ft), „Kenora“ (107ft),
deneben noch „Song of the Sea“ (Swan 112ft), „Nirvana“ (Vitters 186ft)
und ein paar reinrassige Rennschüsseln:
„Momo“, „Jethou“, „Shockwave“ und „Robertissima 3“ (Maxi 72ft),
sowie die australische „Wild Thing“, (100ft), die mit umgelegtem Mast und einem Loch im Heckspiegel einläuft. Keine Ahnung, was die unterwegs getrieben haben.
Die Sturmwarnungen am Navtex lauten seit 7 Tagen immer gleich: Menorca Nordwest oder Nord, 8Bf, Golf von Lyon Nordwest, 8-9Bf, ohne die geringste Spur von Besserung. Heute Freitag, an unserem 9. Hafentag müssen wir und auch unsere Nachbarn raus aus dem Hafen, in die Ankerbucht, weil unsere Liegeplätze für die weiteren Regattaboote vorreserviert sind. Der Sturm soll laut Vorhersage ab heute am Abend schwächer werden, und ab morgen Abend überhaupt aufhören. Vorläufig. Bis nächsten Dienstag. Wir werden sehen.

3.1. Ankunft in Spanien

Ein ruhiges Wetterfenster von 4 Tagen kündigt sich an, wir nutzen es für die Überfahrt nach Menorca. Es ist dann  wirklich so ruhig, dass wir die meiste Zeit unter Maschine fahren müssen. Wir treffen unterwegs auf keine anderen  Schiffe, dafür werden wir am Morgen nach der ersten Nacht von gut gelaunten, springenden Delfinen umringt, die uns fast eine halbe Stunde lang begleiten. Nach 50 Stunden durchgehendem Motorgebrumme, aber wenigstens ohne Wetterstress laufen wir in Mahon (Mao), der Hauptstadt Menorcas ein. Mahon spricht man „Majo“ und ist der Erfindungsort der Majonaise. Kein Scherz. Die Stadt liegt in einer tiefen, verzweigten Bucht. Leider gibt es keine Ankermöglichkeit nahe der Stadt, daher fahren wir in eine Marina. Wir finden einen halbwegs preisgünstigen Platz. Dort wollen wir abwarten, denn es ist für das Wochenende schon wieder Nordsturm mit Stärke 9 angesagt. So bleibt wenigstens Zeit, die Umgebung ausgiebig zu durchstreifen. Die Stadt ist ganz nett, eher touristisch ausgerichtet, aber nicht außergewöhnlich sehenswert. Ein bisschen Umgewöhnung ist erforderlich: Buenos Dias statt Buon Giorno, Holla statt Salve, Adios statt Arrivederci. Die Siestagebräuche sind gleich wie in Italien, der Strassenverkehr ist viel weniger chaotisch, und es sprechen viele ganz gut Englisch, zumindest einmal hier in Menorca. Täglich erreichen ein bis zwei Kreuzfahrtschiffe den Hafen, und anschließend strömen immer Massen von freigelassenen Kreuzfahrttouristen an unserem Liegeplatz vorbei. Abends ist der Spuk vorbei, und es wird ab 10Uhr ziemlich ruhig in den Strassen. Damit es nicht ganz fad wird, gibt die Fäkaltankpumpe den Geist auf. Die Reparatur, der Aus- und Einbau dauern gut 4 Stunden, kopfüber hängend in einem winzigen Schacht, wo man grade mit einem Arm reinkommt. Fäkalschläuche ab- und anschrauben. Meine Lieblingsstellung. Ich verfluche das Boot, bzw. denjenigen, der diese Pumpe irgendwann nachträglich in der bescheuertsten Position, die zu finden war, eingebaut hat. Natürlich sind alle Kabel und Schlauchanschlüsse nicht 1mm länger als unbedingt notwendig. So macht Basteln richtig Freude. Die erfolgreiche Kloreparatur tröstet ein wenig darüber hinweg, dass der Sturm um 2 Tage zu spät kommt, aber dafür 2 Tage länger als vorhergesagt dauert. Daher müssen wir 5 Tage in der Marina abwarten, weil am Ankerplatz vor der Stadt fönt es mit 45 Knoten drüber, wie uns Briten berichten, die von dort geflüchtet sind, und sich gerade neben uns in den Hafen gelegt haben.
Das westliche Mittelmeer ist wettermäßig im Frühjahr ganz schön garstig. Die Vorhersagen sind dermassen unsicher, was eine Vorausplanung ziemlich schwierig macht.