5.14. Gäste an Bord

Die letzten 20 Meilen von Les Saintes nach Guadeloupe erweisen sich wieder einmal als Traum karibischen Segelns: Die Vorhersage meldet 13 Knoten wind aus Ost. Ost passt, aber die 13 Knoten sind in Echt 22-25, und die kurze steile Welle ist 2m hoch. Es scheppert und tuscht immerfort und jede 5. Welle steigt mit 10 Litern Salzwasser ins Cockpit ein. Der Bug ist bei jeder Welle unter Wasser. Toll. Mag ich aber nicht so.
Hier in Guadeloupe wollen wir Mitte Februar meine Tochter Anna und ihren Freund Christoph aufnehmen, die uns zwei Wochen lang bis zurück nach Martinique begleiten werden.
Wir ankern vorerst im Schutz der Ile du Gosier an der Südküste. Wir wollen noch nicht ins gammelige Wasser von Point a Pitre reinfahren. Der Wind pfeift hier zwar nach wie vor ständig mit über 20 Knoten am Ankerplatz, aber die Wellen werden von der Insel und dem anschließenden Riff ganz gut abgeblockt, man liegt einigermaßen ruhig.
Der Dauersturm mit über 20 Knoten Wind hält mehr als eine ganze Woche an. Baden: unmöglich. Mit dem Beiboot irgendwohin fahren: unmöglich. Wieder einmal eine richtig typische karibische Traumwoche. Nach einer Woche Ausharren im Sturm segeln wir angenehm(!) bei 22 Knoten Rückenwind in die Stadtbucht von Pointe a Pitre hinein. Dort ist bekanntermaßen beschissener Ankergrund, bei 8 Ankerversuchen flutscht der Anker über den Schlammgrund hinweg, mit absolut Null Halt, die Kette spannt sich nicht einmal leicht an. Beim 9. Versuch glauben wir, dass er ein bisschen halten könnte, wir ziehen einfach beim Einfahren nicht so fest an, und schmeißen alles was geht an Kette raus.
Als unsere Gäste eintreffen ist schlagartig schönstes Wetter mit Leichtwind. Die halten natürlich alles für maßlos übertrieben, wenn ich von den vergangenen Wochen mit Dauerstarkwind erzähle. Die Beiden bringen natürlich jede Menge Dinge für uns von zuhause mit. Aber auch nützliche Urlaubsutensilien für sich selbst, wie etwa ein riesiges aufblasbares Einhorn mit goldenem Horn und Regenbogenschwanz, das in unserer Ankernachbarschaft dann doch einiges Aufsehen erregt.
Am ersten Tag fahren wir mit ihnen nach Gosier zur kleinen Badeinsel hinterm Riff und bleiben dort einmal über Nacht. Dann folgt ein angenehmer Segelschlag nach Les Saintes bei 12 Knoten Halbwind und nur wenig Welle. In Les Saintes bleiben wir 2 Tage an einer Boje in der Stadt, um uns dort alles anzuschauen, inklusive dem Fort mit toller Aussicht und einer Inselrundwanderung. Leider liegt man dort recht schwellig und wir wechseln in unsere Lieblingsbucht Anse sous Vent auf der unbewohnten Insel Cabrit. Anna und Christoph sind begeistert von der Umgebung, Palmen, Stränden, Iguanas und den Schnorchelmöglichkeiten. Nach 3 Tagen segeln wir, wiederum bei besten Bedingungen, nach Dominica, wollen für 5 Tage bleiben. Einen Tag sind wir mit einem Mietauto unterwegs, umrunden die Nordhälfte der Insel, finden Wasserfälle zum Baden, Palmenstrand und Urwald. Leider findet uns auch der Regen mehrmals an diesem Tag. Zurück in der Prince Rupert Bay stellen wir fest, dass es den ganzen Tag heftig aus West geblasen hat. Am Strand mit dem Dinghisteg brechen eineinhalb Meter hohe Wellen. Die Beiboote sind alle an den Strand geborgen worden, am Steg hätte es wohl einige zerstört. Nur zögerlich wagen wenige die Rückfahrt zu ihren ankernden Booten. Das Einsteigen und Losfahren bei solcher Brandung ist aber auch wirklich schon gefährlich. Wir warten mehrere Stunden bis zur Dunkelheit. Es wird aber nicht besser und so wagen wir die Beibootfahrt – ziemlich abenteuerlich und nicht ganz trocken. Die Yachten rollen wie wild in der normalerweise ruhigen Bucht. Schlafen werden wir in dieser Nacht nur sehr wenig. Wenigstens ein kleiner Vorgeschmack für die Gäste, dass es nicht immer so gemütlich abgehen muss, wie in den letzten Tagen. Habe wieder ein bisschen von meiner Glaubwürdigkeit zurückgewonnen.
Die Überfahrt nach Martinique muss bei sehr wenig Wind großteils mit Maschine erfolgen. Da wir dort auch ein paar Tage verplant haben, können wir nicht auf günstigeres Segelwetter warten. Wenigstens ist es völlig ruhig – bis aufs Gebrumme vom Motor. Dort liegen wir vor St.Pierre wieder mit Westwind und unangenehmem Schwell. Einige Tage zuvor ist dort eine kleinere Segelyacht gestrandet und liegt halb unter Wasser. Die Hebeaktion mit riesigen Luftkissen dauert fast einen ganzen Tag, ist aber letztendlich erfolgreich. In St.Pierre besuchen wir die Rumbrennerei Depaz und den Zoo. Der Canal de Beauregard kann leider nicht bewandert werden. Er ist beim letzten Hurrikandurchzug wohl beschädigt worden und noch nicht wieder eröffnet. Drei Tage verbringen wir dann in der Badebucht Anse Noire und schnorcheln mit bunten Fischen und Schildkröten. Hier sind wir weit genug entfernt vom Faschingswahnsinn der Hauptstadt, den wir im Vorjahr zur Genüge genießen durften. Es gibt nur den üblichen Ankerspaß der Tagesausflügler-Motorboote. Zwei der Highlights: Ein hochmotorisierter Schlauchbootpilot möchte unbedingt an unserer Ankerboje festmachen und reagiert mit völliger Verständnislosigkeit, als ich ihn mit meiner freundlichen Art bitte, dies zu unterlassen. Und ein anderer hat längsseits an einem zweiten Boot angelegt und den Heckanker geworfen. Beim Losfahren vergisst er auf seinen Anker, schleppt ihn einfach hinten nach und merkt es gar nicht. Motorpower besiegt Ankerhaltekraft. Beeindruckend.
Dann beginnt wieder der übliche karibische Starkwind mit mindestens 10x Regen pro Tag, am letzten Tag für unsere Besucher in Fort de France bläst es mit 28 Knoten, Spitzen mit 35. So lernen sie auch das normale Wetter hier kennen und sind froh, ein paar angenehme Badetage erwischt zu haben.