6.3. Atlantiküberfahrt Azoren-Festland

Tag 1: Wir legen am 31.05.2017 um 0730 in Angra do Heroismo auf Terceira ab. Ziel ist Lissabon. Das Wetter soll regnerisch werden, alle Berge sind schon in dichte Wolken gehüllt. Wir fahren unter Maschine los, noch weht sehr schwacher Wind. Der Schwell vor der Hafenausfahrt ist schon 1m, weniger gibt es im Atlantik sowieso nicht. Nach 2 Stunden Motorfahrt ist endlich genug Wind zum Segeln: SüdWest, 12-15 Knoten. Bis zum Nachmittag steigert sich der Wind auf bis 20 Knoten, Welle 2m. Es scheint, dass wir dem Regen von Terceira entgangen sind. Trotzdem ist es rundum grau und unfreundlich. Es ist sehr kühl. Später in der Nacht regnet es dann doch.
Tag 2:  In der Früh dann plötzliche Winddrehung auf NordOst, voll dagegen mit 20 Knoten und massivem Regen. Ganz toll. Es bleibt den ganzen Tag und die folgende Nacht so. Wenigstens der Regen hört am Abend auf, die Nacht bleibt trocken. Unter Segel machen wir kaum Fahrt, weil das Boot sich in jede einzelne entgegenkommende, steile Welle verbeißt. Wir fahren mit Maschine und lassen das Hauptsegel stehen. Höchst beschissener Tag.
Tag 3: Der Wind hat etwas nach Nord gedreht und ist schwächer geworden. Bei Sonnenaufgang werden die Segel gesetzt. Die Sonne zeigt sich nicht, weiterhin starke Bewölkung und es ist saukalt. Am späten Vormittag dann lösen sich die Wolken innerhalb einer halben Stunde völlig auf, die Sonne ist warm, der Wind leicht und aus guter Richtung. Eine Wohltat nach gestern. Der Wind hält die ganze Nacht über an, sehr schwach, aber wir können ganz gut segeln, weil keine Welle mehr bremst.
Tag 4: Morgens hört der Wind völlig auf und wir müssen die Maschine bemühen. Das Azorenhoch (offenbar gibt es so was wirklich, bisher hatten wir dort nur Tiefs erlebt) hat uns voll eingeholt. Zuerst ist es noch bedeckt, ein weisser Schleier, die Sonne ist nur zu erahnen. Und es ist windstill und glatt.  Am Nachmittag klart es wieder plötzlich auf und es wird doch noch sonnig. Abends kommt dann ähnlicher Wind auf wie gestern, wir versuchen zu segeln. Die Nacht über geht es auch so halbwegs, langsam, mit vielen Schlenkern, aber ruhig.
Tag 5: Der Wind wird vorerst nicht stärker, dreht aber nach Achtern, was ihn noch unbrauchbarer macht. Außerdem werden die Wellen wieder höher, von irgendeinem Wind irgendwo auf der Welt. Es ist wieder Motorfahrt angesagt. Am frühen Abend versuchen wir es wieder mit Segeln, Vorwind, leider schwach, wenig Fahrt, aber kein Motorlärm in der Nacht. Über Nacht wird der Wind stärker, die Welle höher. Zeitweilig fahren wir mit Butterfly, später nur noch mit dem Großsegel vor dem Wind.
Tag 6: empfängt uns statt mit einem Sonnenaufgang mit 2 Kaltfronten und ordentlich Regen. Tagsüber zeigt sich ein wenig Sonne durch den grauweissen Schleier, der den ganzen Horizont bedeckt.Der Wind ist unverändert 15 Kt aus West mit 2m Welle. Es sind noch 300 Meilen bis Lissabon, und es geht recht zäh dahin. Abends regnet es noch ein paar Mal. Über Nacht dreht der Wind auf Nord 20 Kt, wir fahren Halbwindkurs, 2m Welle. Wir sind jetzt schnell, aber es ist alle andere als gemütlich.
Tag 7: Wind aus Nord bis Nordost mit 18 Kt. Die kurze Welle, inzwischen 3m hoch, kracht immer wieder gegen das Schiff. Es ist fast wolkenlos, in der Sonne warm, der Wind ist kalt. Vor Beginn der ersten Nachtwache um 20Uhr sind es noch knapp unter 100 Meilen bis Lissabon.  In der Nacht werden Wind und Welle stärker, es beutelt uns grob durch, Wasser kommt auf Halbwindkurs ständig über. Es ist die grauslichste Nachtfahrt bisher.
Tag 8: am Morgen sehen wir Land, wir segeln noch bis etwa 5 Meilen vor der Tejo-Mündung, dann hört der Wind ziemlich plötzlich ganz auf, die 2-3m Wellen von der Nacht reduzieren sich in Landnähe innerhalb einer knappen Stunde auf 0. Es ist sonnig und friedlich als gäb’s nichts anderes. Wir motoren den Fluß Tejo 12 Meilen bis nach Lissabon hinauf.